Der britische Street-Art Künstler Banksy, dessen Werke millionenschwere Auktionen dominieren und ganze Städte in Staunen versetzen, bleibt selbst im Schatten des Ruhms verborgen.
Doch wer steckt wirklich hinter dem Pseudonym Banksy? Wer ist Banksy?
Diese Frage thront stets über seinen Werken und drängt sich immer dann wieder in den Vordergrund, wenn neue Werke des mysteriumsumwitterten Graffiti-Künstlers auftauchen, wie zuletzt am Londonder Zoo und am Royal Courts of Justice.
Das Mysterium um die Identität von Banksy
Die Kunst von Banksy ist schwer zu ignorieren. Seine provokanten Bilder zieren nicht nur Mauern in London und zahlreichen Metropolen dieser Welt, sondern finden auch in renommierten Galerien weltweit ihren Platz.
Seine Werke, die man häufig als temporäre Kunst einordnet, sind durch scharfe gesellschaftliche und politische Kommentare in Banksys unverwechselbarer Stencil-Technik gekennzeichnet. Er inszenierte spektakuläre Aktionen, wie 2003 in der Tate Britain, wo er sich als Rentner verkleidete, um eines seiner Werke in die Galerie zu schmuggeln, oder 2004 im Musée du Louvre. Er verwaltet, authentifiziert und verkauft seine Kunstwerke nicht öffentlich, sondern über seine eigene Agentur, Pest Control.
Doch trotz seiner kulturellen Bedeutung und des kommerziellen Erfolgs bleibt Banksys Identität weiterhin ein Rätsel. Das Geheimnis um den Künstler ist so stark, dass selbst Experten in ihren Recherchen keine eindeutige Antwort finden. Dabei haben sie Hinweise in Form von Videos, Zeitungsartikeln und Spiegel-Interviews gesammelt, um Licht ins Dunkel zu bringen. Es stellt sich jedoch die Frage, warum es so schwierig ist, Banksy zu identifizieren.
In unserer Analyse unternahmen wir eigene, tiefgehende Recherchen und glichen diese mit den Berichterstattungen in anderen Medien ab.
Anonymität als zentraler Aspekt von Banksys künstlerischer und politischer Ästhetik
Als „Kunstguerilla“ oder „Aufständischer“ ermächtigt er sich, mächtige Institutionen, die Konsumgesellschaft und soziale Ungerechtigkeit ins Visier zu nehmen. Durch seine Anonymität kann er seine Meinung frei äußern, ohne Angst vor direkten Konsequenzen oder Repressalien zu haben, vor allem, weil seine Kunst oft illegal ist.
Die Anonymität verstärkt die politische Botschaft seiner Werke als Katalysator. Durch fehlende Personalisierung wird der Fokus auf das Werk und dessen Aussage gelenkt. Banksy hat seine Bekanntheit mit Zitaten wie „Any fame is a by-product of making something that means something“ und „Remember, it’s always easier to get forgiveness than permission“ erklärt.
Ursprünglich als Schutzmechanismus gedacht, hat sich Anonymität im Laufe der Zeit zu einem konzeptuellen Rahmen entwickelt, der den globalen Personenkult um Banksy fördert und gleichzeitig seinen Marktwert erhöht.
Der politische Widerstand steht jedoch mittlerweile im Widerspruch zum kommerziellen Erfolg. Obwohl Banksy sich rhetorisch gegen das Establishment positioniert hat, indem er sagte, dass „Copyright etwas für Verlierer ist“, schuf er dennoch eine legale Einheit namens Pest Control, um sein großes Vermögen und seine Urheberrechte zu schützen. Die Verteidigung dieser wirtschaftlichen Marke führt bereits jetzt zu komplexen juristischen Konflikten, die die Anonymität des Street-Art-Künstlers gefährden.
fotografiert von Davide Mauro, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
Trotzdem gibt es verschiedene Theorien über Banksys Identität. Von einem renommierten Street-Art-Künstler aus London bis hin zu einer Frau oder einem Kollektiv von Künstlern, die hinter dem Namen Banksy agieren – die Spekulationen sind vielfältig.
Die Faktenlage – Was ist über die Identität des Künstlers bekannt?
Die gesicherten Informationen über Banksys Ursprung belegen, dass der Künstler seine Wurzeln in der englischen Stadt Bristol hat. Dort begann er in den 90er Jahren als aufstrebender Künstler, seine Graffitis im städtischen Raum zu hinterlassen. Die kreative Szene in Bristol ist der Grund, warum die Stadt viele Musiker und Künstler hervorgebracht hat.
In den 1990er Jahren begann Banksys Karriere; Er startete in der DryBreadZ-Crew mit freihändiger Graffiti-Kunst, bevor er zur Schablonentechnik wechselte. Im Laufe der Zeit entwickelte er sich jedoch zu einem Künstler mit politisch anspruchsvolleren Werken, bis er schließlich zu dem Straßenkünstler wurde, den wir in der Gegenwart kennen und bewundern.
Ein Meisterwerk aus den Anfängen seines Schaffens ist das großformatige Schablonen-Mural „The Mild Mild West“, das im Jahr 1999 in Stokes Croft in Bristol entstand. Der sanfte Ton des Kunstwerks wird durch das Bild eines Teddybären vermittelt, der einen Molotowcocktail auf drei Bereitschaftspolizisten wirft.
fotografiert von Oliver Dixon, CC BY-SA 2.0, via Wikimedia Commons
Der Künstler vollendete das Werk innerhalb von drei Tagen bei Tageslicht und es ist bis heute in der Stadt zu bewundern, zusammen mit weiteren Kunstwerken aus seiner Feder.
In einem (anonymen) Interview mit der Zeitschrift Swindle aus dem Jahr 2006 sagte Banksy einmal:
Ich komme aus einer relativ kleinen Stadt in Südengland. Als ich etwa zehn Jahre alt war, malte ein Junge namens 3D die Straßen voll. Ich glaube, er war in New York gewesen und war der erste, der die Sprühfarbe nach Bristol brachte. Ich bin mit Sprühfarbe auf der Straße aufgewachsen, lange bevor ich sie in einer Zeitschrift oder auf einem Computer gesehen habe.“
3D hörte auf zu malen und gründete die Band Massive Attack, was vielleicht gut für ihn war, aber ein großer Verlust für die Stadt. Graffiti war das, was wir alle in der Schule liebten. Wir haben es im Bus auf dem Heimweg von der Schule gemacht. Jeder hat es gemacht.“
Definitiv echt ist wohl nur, was Banksy selbst auf seiner Website, in seinen Büchern und auf seinem Instagram-Kanal @banksy authentifiziert hat.
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Welche Theorien gibt es zur Identität von Banksy?
Es gibt viele Theorien über die Identität von Banksy. In den sozialen Medien wabern die aberwitzigsten Ideen und Vermutungen durch den virtuellen Äther.
fotografiert von GualdimG, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
Konzentrieren wir uns auf die populärsten, hartnäckigsten und wahrscheinlichsten davon.
Theorie #1: Weiß, unter 50 Jahre alt, rothaarig
Ulrich Blanché, ein renommierter Kunsthistoriker, gilt als Experte für Banksy. Im Juni 2022 wurde beim NDR ein Gespräch mit ihm* veröffentlicht, in dem er das Mysterium um den Künstler diskutierte.
Blanché hat bereits mehrere Bücher über Banksy verfasst und aus zahlreichen Interviews aus den 80er- und 90er-Jahren geschlussfolgert, dass es sich höchstwahrscheinlich um einen weißen Mann unter 50 Jahren handelt.
Es wird vermutet, dass dieser Mann rothaarig sein könnte und in den 90ern als Schaumaler und Festival-LKW-Bemaler tätig war, bevor er in die Anonymität verschwand. Es ist möglich, dass er auch eine Hasenscharte hatte und sich im Gesicht operieren ließ, aber diese Informationen sind nicht bestätigt und könnten auch falsch sein.
Theorie #2: Robin Gunningham
Die am weitesten verbreitete Annahme lautet, dass der Schöpfer des Banksy-Kunstwerks niemand anderer als Robin Gunningham ist. Gunningham wurde 1973 in Yate, einer Stadt in der Nähe von Bristol, geboren, und viele seiner ehemaligen Klassenkameraden glauben fest daran, dass er der wahre Banksy ist.
Laut seinen ehemaligen Schulfreunden war Gunningham schon immer ein begabter Zeichner, der oft Cartoons anfertigte. Es besteht die Annahme, dass er seine Karriere unter dem Namen „Robin Banks“ begann, der sich später zu „Banksy“ entwickelte.
Banksy selbst hat bestätigt, dass seine Liebe zum Zeichnen in seiner Schulzeit entstanden ist. Ein Foto von Gunningham, das in Jamaika aufgenommen wurde, zeigt ihn mit einer Sprühdose und Schablonen. Dies hat die Spekulationen weiter angefacht und viele Menschen dazu veranlasst, zu glauben, dass Robin Gunningham tatsächlich Banksy ist.
Es gibt ein starkes Gerücht, dass im Jahr 2018 ein Originalwerk von Robin Gunningham versteigert wurde, das als einzige Arbeit gilt, die er mit seinem Namen unterzeichnet hat. Der Preis von 4.000 Pfund scheint fair für einen ansonsten unbekannten Künstler zu sein. Das Werk ist eine illustrierte Plattenhülle für das Album „Oh My God It’s Cheeky Clown“ der Ska-Band „Mother Samosa“ aus Bristol und zeigt Ähnlichkeiten mit Banksys früherem Graffiti-Stil.
Die QMUL-Studie
Im Jahr 2016 versuchten Kriminologen der Queen Mary University in London (QMUL) mithilfe von geografischen Profilen (Geographic Profiling), eine Verbindung zwischen Gunningham und Banksy-Werken in London und Bristol herzustellen. Forschungswissenschaftler der Londoner Universität verwendeten dafür Banksys Kunstwerke als Datengrundlage. Dabei wurden 140 Kunstwerke in London und Bristol als Ausgangspunkt genommen.
Die Ergebnisse der QMUL-Studie zeigten eine statistisch signifikante Korrelation zwischen den Peaks der Geoprofile und den bekannten Adressen, die mit Robin Gunningham in Verbindung gebracht werden.
Die Leistung des Modells wird durch den Hit Score Percentage (HS%) gemessen, der angibt, wie viel Prozent des Suchgebietes durchsucht werden müssten, um den Standort des Täters zu finden. Ein niedrigerer HS% bedeutet eine höhere Präzision:
Zusammenfassung der QMUL-Geoprofiling-Ergebnisse (Hauge et al., 2016)
Stadt | Gunningham-assoziierter Ort | Funktion des Ortes | Hit Score Percentage (HS%) | Einordnung des Geoprofil-Peaks |
London | Old Street Area (Millward) | Ehemalige Wohnadresse der Ehefrau | 0.7% | Höchste Wahrscheinlichkeit (im obersten 1%) |
London | Great North Road Area (Millward) | Ehemalige Wohnadresse der Ehefrau | 3.8% | Im obersten 10% des Geoprofils |
Bristol | Easton Home | Ehemaliger Wohnort Gunninghams | 5.5% | Im obersten 10% des Geoprofils |
Bristol | Baptist Mills Primary School | Ehemalige Sportstätte | 6.8% | Im obersten 10% des Geoprofils |
Das Verfahren des „Geographic Profiling“ wird häufig verwendet, um Serienverbrechen zu lösen. Hierbei werden Tatorte und andere Faktoren in einer Datenbank gespeichert, um den möglichen Wohnort des Täters zu ermitteln.
Die Ergebnisse der Untersuchung ergeben eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass Banksy tatsächlich Robin Gunningham aus Bristol ist.“
Ganz besonders in London fielen die Adressen von Gunninghams Ehefrau, Joy Millward, in die höchsten Wahrscheinlichkeitsbereiche, wobei die Old-Street-Adresse einen bemerkenswert niedrigen HS-% von 0,7 Prozent aufwies. Das bedeutet, dass eine Suchstrategie, die durch das Geoprofil informiert wäre, diesen Standort fast sofort lokalisieren würde.
Diese Ergebnisse stützen die Theorie, dass Robin Gunningham die Person hinter Banksy ist. Die räumlichen Muster legen nahe, dass Banksys Aktivität eng mit seinen persönlichen und familiären geografischen Ankerpunkten verbunden war und eine Pendlerstrategie zwischen seiner Heimatstadt Bristol und dem Hauptaktivitätszentrum London verwendete. Die Autoren der Studie selbst gaben an, dass die Analyse die Theorie stützt, obwohl sie aufgrund fehlender anderer ernsthafter „Verdächtiger“ keine absolute Schlussfolgerung ziehen konnten.
Die juristische Reaktion und ihre Implikationen
Die Glaubwürdigkeit der Gunningham-These wurde nachträglich durch die Reaktion von Banksys Rechtsbeiständen gestärkt. Die geplante Veröffentlichung der QMUL-Studie im Journal of Spatial Science im Jahr 2016 wurde blockiert, nachdem Banksys Anwälte interveniert hatten (vgl. Artlyst*).
Banksys Rechtsabteilung kontaktierte demnach QMUL-Mitarbeiter mit Bedenken hinsichtlich der Art der Veröffentlichung und insbesondere der Formulierung einer Pressemitteilung, die daraufhin zurückgezogen wurde. Eine derart aggressive juristische Reaktion auf eine rein akademische und statistische Analyse ist ein starkes Indiz dafür, dass die Studie eine überzeugende, forensische Verbindung herstellte.
Hätte die Untersuchung keine Relevanz, wäre eine juristische Abwehr wohl unnötig gewesen. Die Intervention signalisierte dadurch, dass die statistische Korrelation als direkte Bedrohung für die Anonymität wahrgenommen wurde.
Gunningham bereits 2008 als Banksy im Verdacht
Bereits 2008 vermutete die Boulevardzeitung „Mail on Sunday“, dass Robin Gunningham der Mann hinter dem Namen Banksy ist. Nun hat eine Profiling-Software Adressen und Orte identifiziert, die mit Gunningham in Verbindung stehen und auch mit der Suche nach Banksy in Zusammenhang gebracht werden können.
Die „Mail“ führte damals ein einjähriges Recherche-Projekt durch und sprach mit Dutzenden von Personen, darunter Freunden, ehemaligen Kollegen, Feinden, Mitbewohnern und nahen Verwandten von Banksy. Der Ausgangspunkt der Untersuchungen war ein Foto, das Banksy bei der Arbeit auf der karibischen Insel Jamaika zeigen sollte.
Es zeigt einen Mann mit dunklen Locken, der kniet und eine Sprühdose und eine Schablone vor sich hat, während er ein dunkelblaues Hemd trägt.
Peter Dean Rickards, der den Moment einfing, bestätigte, dass es sich um Banksy handelte, nachdem er die Bilder an die Presse durchsickern ließ – offiziell bewiesen wurde dies jedoch nie.
Er soll sich mit dem Künstler überworfen haben. „Banksy ist durch Jamaika gewandert, als ob ihm das Land gehörte“, sagte er dem Evening Standard.
Der Mann, der behauptete, Banksy zu kennen, bestätigte laut The Sun, dass das Bild Herrn Gunningham zeigte.
Allerdings behauptete Banksy, nicht der Mann auf dem Foto zu sein, und Gunninghams Umfeld war wenig kooperativ. Selbst seine mutmaßlichen Eltern sollen ihn verleugnet haben. In Anbetracht von Banksys langjährigem Erfolg bei der Verwischung seiner Spuren ist es möglich, dass die Spur, der die „Mail“ gefolgt ist, ein Ablenkungsmanöver war, so die Autoren des Artikels von 2008.
Die Untersuchung wurde jedoch verschoben, nachdem Banksys Anwälte die Universität kontaktiert und Bedenken geäußert hatten, wie die Studie mit dem Titel „Tagging Banksy“ in der Presse verwendet werden könnte.
Weder Gunningham noch Banksy oder seine Vertreter haben sich je öffentlich zu dieser Theorie geäußert, um sie zu bestätigen oder zu dementieren.
Frühe Hinweise aus den Jahren um die Jahrtausendwende
Laut Schilderungen von The Sun im Oktober letzten Jahres lebte Gunningham im Jahr 1998 gemeinsam mit seinem Freund Luke Egan in Easton, Bristol. Zu dieser Zeit schuf Banksy das berühmte Mild-Mild-West-Schild, das einen ausgestopften Bären mit einem Molotowcocktail zeigt.
Das Kunstwerk wurde an einer Wand gegenüber von Subway Records in Stokes Croft, Easton, platziert. Während Banksys Kunst im Jahr 2000 nach London zog, residierte Gunningham in einer Wohnung in der Kingsland Road in Hackney.
Egans ehemaliger Mitbewohner, ein Künstlerkollege, stellte zusammen mit Banksy im Santa’s Ghetto aus, einem Kunstladen, der im Weihnachten 2001 im Londoner West End eröffnet wurde. Im selben Jahr veranstaltete Banksy seine erste inoffizielle Ausstellung in einem Tunnel in Rivington, Shoreditch, wo er zwölf Werke an die weiß getünchten Wände sprühte.
Egan behauptete weiterhin, dass Herr Gunningham nicht Banksy sei. Er äußerte dazu:
Ich habe mit einem Mann namens Robin Gunningham zusammengewohnt. Aber zu der Zeit war er nicht [Banksy]. Ich habe vor langer Zeit mit ihm zusammengelebt. Ich glaube sowieso nicht, dass Banksy zu dieser Zeit überhaupt in der Nähe war.“
Dennoch machte sich Banksy einen Namen in einem Lagerhaus nur wenige Meter von Gunninghams Wohnung entfernt.
Theorie #3: Robert Del Naja
Andere haben Robert Del Naja von Massive Attack als Banksy identifiziert. Del Naja selbst ist ein Graffiti-Künstler und hat in Bristol unter dem Namen 3D gearbeitet, den Banksy als eine seiner frühen Quellen der Inspiration erwähnt hat.
Die Theorie entstand, nachdem DJ Goldie angeblich in einem Podcast den Namen von Banksy erwähnt hatte, als er über diesen Straßenkünstler sprach (die Redaktion Männersache* berichtete)
Er sagte:
Bei allem Respekt für Rob, ich halte ihn für einen brillanten Künstler. Ich denke, er hat die Welt der Kunst auf den Kopf gestellt“.
Durch einen vermeintlichen Nachweis einer Verbindung zwischen zwei Vorfällen, bei denen frische Banksy-Kunstwerke in einer Stadt auftraten, in der Massive Attack ein Konzert gaben, wurde die Del-Naja-Theorie weiter gestützt. Trotzdem hat Del Naja diese Annahmen öffentlich zurückgewiesen, im Gegensatz zu Gunningham.
Theorie #4: Jamie Hewlett
In den letzten Jahren wurden auch andere Spekulationen laut, die besagen, dass der Gründer der Gorillaz, Jamie Hewlett, möglicherweise der Schöpfer des kunstvollen Werks ist.
Ein anonymer Forensiker behauptete, dass Dokumente belegen, dass Hewlett Verbindungen zu jeder Firma hat, die in Verbindung mit Banksy steht. Ein weiteres Indiz für diese Vermutung sind Hewletts frühere Arbeiten für Musikvideos der Band.
Trotz dieser Fakten hat der Pressesprecher von Banksy diese Behauptungen jedoch klar und deutlich verneint.
Im Verlauf der vergangenen Jahre hat sich Banksy immer mal wieder blicken lassen. Zuletzt wurde er bei der Einrichtung seines aktuellsten Kunstwerks in der Londoner Untergrundbahn gesichtet. Ein Passant behauptete 2018 zudem, ihn in der Nähe eines kürzlich vollendeten Werks in Hull entdeckt zu haben.
Trotz dieser Begegnungen blieb das Gesicht des Künstlers stets im Verborgenen und seine Arbeitsweise bleibt ebenfalls ein Rätsel. Ob Banksy alleine arbeitet oder sich eines Teams bedient, ist unklar und lässt weiter Raum für Spekulationen.
Theorie #5: schöpferische Pluralität – die Banksy-Kollektiv-Theorie
Wegen des riesigen Arbeitsvolumens, der geografischen Streuung und der Anforderungen an eine einheitliche künstlerische Qualität hat sich die Vorstellung etabliert, dass Banksy kein Einzelkünstler, sondern ein gut organisiertes Kollektiv oder eine Kunstmarke ist, die von einem kleinen Team gesteuert wird.
Begründungen für ein Kollektiv
Die Glaubwürdigkeit dieser These erhielt einen Schub während der „Better Out Than In“-Residency in New York im Jahr 2013, wo in kurzer Zeit eine überraschend große Anzahl von Werken geschaffen wurde.
Eine solche Struktur könnte das Kollektiv organisieren: Eine zentrale Person wäre für die konzeptionelle Ausrichtung und die Ideen verantwortlich, während ein Team von Ausführenden die Kunstwerke physisch erstellt und die Logistik organisiert. Das ist der Grund, warum Banksy in der Lage wäre, gleichzeitig an verschiedenen Orten aktiv zu sein und ein so immenses Arbeitsvolumen zu bewältigen.
Bildquelle: Infrogmation of New Orleans, CC BY-SA 2.0, via Wikimedia Commons
Gestaltung und Regie des Dokumentarfilms
Auch der Film Exit Through the Gift Shop von 2010 weist auf eine organisatorische Struktur hin, die über einen einzelnen Straßenkünstler hinausgeht.
Abgrenzung und Synthese
Die Kollektiv-Theorie dient als wichtigster Rahmen, um die widersprüchlichen Beweisketten zu vereinen. Es ist die wahrscheinlichste Erklärung für die operative und globale Ausführung der Banksy-Aktivitäten.
Sie versöhnt die forensischen Erkenntnisse der QMUL-Studie, die Robin Gunningham als den geografischen und somit wahrscheinlich den zentralen künstlerischen Ursprung identifizieren, mit den logistischen Indizien, die Robert Del Naja umgeben.
Robin Gunningham ist der konzeptuelle Kopf und die kreative Stimme dieser Synthese, während Robert Del Naja (oder ähnliche Personen) die logistische Unterstützung und Mobilität bereitstellen. Die Einheitlichkeit in Bezug auf Stil, politische Haltung und Ironie über das gesamte Werk hinweg deutet darauf hin, dass es eine einzige, aber sehr konsistente konzeptuelle Stimme gibt.
Von einem individuellen Graffitikünstler hat sich Banksy zu einer globalen Marke entwickelt, deren Anonymität durch ein Team verwaltet wird, um den größtmöglichen ökonomischen und philosophischen Nutzen zu erzielen.
Wir haben die Ergebnisse unserer Recherchen für Sie mithilfe des Google-Gemini-Visualisierungstools in übersichtlicher Form in einer Infografik zusammengefasst:
BBC-Podcast veröffentlichte Stimme von Banksy in Interviewausschnitt
Ein neu veröffentlichter Podcast der BBC soll tiefere Einblicke in die Wahrheit über einen berühmten Künstler liefern. Das Telefoninterview aus dem Jahr 2005 enthüllt möglicherweise die Identität des Künstlers und lässt seine Stimme erklingen. So wird das Rätsel um den Künstler endlich ein Stück weit gelöst. Der Podcast gibt Hoffnung darauf, dass die Wahrheit über den Künstler bald ans Licht kommt.
Wir nehmen an, dass Sie derjenige sind, für den Sie sich ausgeben, aber wie können wir sicher sein?“,
fragt die Moderatorin.
Darauf antwortet die Person, die behauptet, Banksy zu sein:
Oh, dafür haben Sie überhaupt keine Garantie.“
Rund drei Minuten dauert das Gespräch mit dem Mann, der sich als „Maler und Dekorateur“ bezeichnet und als Motivation für seine Guerilla-Kunst nennt:
Man möchte nicht sein ganzes Leben lang in derselben Branche stecken bleiben, oder?“
In dem Podcast äußern sich auch Mitarbeiter des Künstlers. Details zur Identität verraten sie aber nicht.
Brisant: Aktueller Rechtsstreit vor dem High Court könnte die wahre Identität von Banksy enthüllen
Der Streetart-Künstler steht derzeit im Mittelpunkt eines rechtlichen Konflikts, der potenziell seine Identität enthüllen könnte.
fotografiert von GualdimG, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
Andrew Gallagher, eine Größe der Rave- und Graffiti-Szene, hat Banksy verklagt. Ebenfalls involviert ist die Pest Control Ltd, welche den Verkauf von Banksys Kunstwerken verwaltet. Obwohl der Fall äußerst vertraulich ist, könnte die Gerichtsverhandlung dazu führen, dass das Geheimnis um Banksys wahre Identität gelüftet wird.
Der Rechtsstreit um ein Kunstwerk der verstorbenen Königin Elizabeth II. könnte laut The Guardian tatsächlich dazu führen, dass Banksy gezwungen wird, seinen wahren Namen preiszugeben.
Was war passiert?
Zwei Kunstsammler haben Pest Control wegen Vertragsbruchs verklagt, da diese sich weigert, die Echtheit des Werkes Monkey Queen zu bestätigen. Nachdem Nicky Katz und Ray Howse drei Jahre lang versucht hatten, eine Antwort zu bekommen, haben sie die Geduld verloren und verklagten nun Pest Control wegen Vertragsbruchs.
Sie beziehen sich dabei auf die Website von Pest Control, auf welcher normalerweise Echtheitszertifikate ausgestellt werden. Banksy, bekannt für seine schablonenbasierten Werke, bezeichnet sich selbst gerne als „Qualitätsvandalen“.
Eines seiner berühmtesten Werke, „Love is in the Bin“, wurde für über 18,5 Millionen Pfund versteigert. Die Rolle von Pest Control auf dem Markt für Banksys Kunstwerke ist entscheidend, und ein offizielles Echtheitszertifikat spielt eine zentrale Rolle beim Verkauf seiner Werke zu Höchstpreisen.
Die Rolle der Lobbyistin Joy Millward
Die bekannte Parlaments-Lobbyistin Joy Millward aus Großbritannien gilt mutmaßlich als die Ehefrau des Straßenkünstlers Banksy. Sie geriet in die Schlagzeilen, als ihr Ehemann Robin Gunningham vor dem Obersten Gerichtshof angeklagt wurde. Trotz der Prominenz ihres Partners schafft es Millward, eine frühere Mitarbeiterin der Labour Party, sich geschickt aus der Öffentlichkeit fernzuhalten.
Joy Millward hat niemals selbst über die weitverbreiteten Spekulationen gesprochen.
Wer ist Joy Millward?
Die Lobbyistin aus den West Midlands soll Gunningham im Jahr 2003 kennengelernt haben, kurz bevor sie als Forscherin für den Labour-Politiker Austin Mitchell zu arbeiten begann. Sie heirateten 2006 in Las Vegas und sind seit 17 Jahren verheiratet.
Laut Insider-Informationen leben sie zurückgezogen in einer abgelegenen Gemeinde und pflegen kaum Kontakt zu ihren Nachbarn.
Ein Informant erzählte gegenüber The Sun:
Selbst diejenigen, mit denen sie ab und zu sprechen, wissen nicht wirklich, wer sie sind. […] Selbst einigen Familienmitgliedern von Joy wurde nicht verraten, wer ihr Ehemann ist oder was er tut.“
Identität bleibt weiter ein Mysterium. Aber die Hinweise verdichten sich.
Obwohl einige Experten glauben, Hinweise auf die wahre Identität gefunden zu haben, bleibt es weiterhin ein Mysterium. Die Suche nach dem Gesicht hinter dem Mythos geht also weiter, während Banksys Bilder immer wieder neue Diskussionen anstoßen.
Eines ist klar: Die Kunstwelt wird weiterhin fasziniert sein von diesem Künstler, dieser Künstlerin oder diesem Kollektiv namens Banksy. Die bemerkenswerten Werke voller Sozialkritik werden uns weiterhin zum Nachdenken anregen, während die schaffende Kraft dahinter gleichzeitig im Dunkeln bleibt.
Es bleibt ungewiss, ob wir jemals die wahre Identität des Künstlers enthüllt sehen. Es ist aber erkennbar, dass sich die Hinweise und Anzeichen immer weiter verdichten. Speziell die juristischen Fallstricke könnten der Anonymität der Streetart-Ikone zum Verhängnis werden.
Quellen, fachliche Unterstützung und weiterführende Informationen:
- Inside the Rock Poster Frame: Shepard Fairey interviews Banksy for Swindle magazine, https://insidetherockposterframe.blogspot.com/2009/08/shepard-fairey-interviews-banksy-for.html
- Offizielle Website von Banksy, https://www.banksy.co.uk/
- Offizieller Instagram-Kanal von Banksy, https://www.instagram.com/banksy
- NDR Kultur: Banksy: Echt ist nur, was er auf seiner Website authentifiziert, https://www.ndr.de/kultur/Banksy-Echt-ist-nur-was-er-auf-seiner-Website-authentifiziert-,banksy214.html (Beitrag wurde mittlerweile entfernt)
- Queen Mary University London (QMUL) – M. Hauge, M. Stevenson, K. Rossmo und S. Le Comber: Tagging Banksy: using geographic profiling to investigate a modern art mystery (veröffentlicht im Journal of Spatial Science), https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/14498596.2016.1138246
- Artlyst: Banksy Identity Revealed Through Geoprofiling Study At Queen Mary University London, https://artlyst.com/news/banksy-identity-revealed-through-geoprofiling-study-at-queen-mary-university-london/
- Daily Mail: Scientists say the Mail on Sunday got Banksy’s identity right: Hi-tech tools confirm our discovery that graffiti artist is Robin Gunningham, https://www.dailymail.co.uk/news/article-3478606/Scientists-say-Mail-Sunday-got-Banksy-s-identity-right-Hi-tech-tools-confirm-discovery-graffiti-artist-Robin-Gunningham.html
- The Sun: Inside hunt to unmask Banksy & three clues that led to public schoolboy Robin Gunningham being ‘named’ as graffiti icon, https://www.thesun.co.uk/news/24239697/unmask-banksy-graffiti-robin-gunningham/
- The Sun: All the clues Robin Gunningham is Banksy and how he lives mysterious life with elusive wife Joy Millward, https://www.thesun.co.uk/news/26064504/clues-robin-gunningham-banksy-wife-joy-millward/
- Männersache: Wer ist Banksy?, https://www.maennersache.de/wer-ist-banksy-85800.html (Website mittlerweile offline)
- Redaktionsnetzwerk Deutschland: BBC-Podcast veröffentlicht Stimme von Banksy in Interviewausschnitt, https://www.rnd.de/kultur/banksys-stimme-bbc-podcast-veroeffentlicht-interview-ausschnitt-von-2005-UWEB7TZJFZMXPO6LO276VKB5PE.html
- The Guardian: Legal row could finally force mystery artist Banksy to reveal his real name, https://www.theguardian.com/artanddesign/2024/mar/09/legal-row-banksy-reveal-real-name-art-images-authenticity
Inhaber und Geschäftsführer von Kunstplaza. Publizist, Redakteur und passionierter Blogger im Bereich Kunst, Design und Kreativität seit 2011. Erfolgreicher Abschluss in Webdesign im Rahmen eines Hochschulstudiums (2008). Weiterentwicklung von Kreativitätstechniken durch Kurse in Freiem Zeichnen, Ausdrucksmalen und Theatre/Acting. Profunde Kenntnisse des Kunstmarktes durch langjährige journalistische Recherchen und zahlreichen Kooperationen mit Akteuren/Institutionen aus Kunst und Kultur.