Künstliche Intelligenz revolutioniert unsere Welt und bringt auch die Kunst in Bewegung. Mit KI-Technologien können wir neue, aufregende Wege eröffnen, um Kunst durch intelligente Algorithmen zu ermöglichen. Diese technologische Revolution wirft aber auch viele Fragen auf:
- Ist das überhaupt Kunst oder nur künstlich?
- Kann KI überhaupt Kunst?
- Wer ist der Künstler? Die Maschine, der Programmierer oder die Person, mit deren Daten man den Algorithmus gefüttert hat?
- Wie ist die Rechtslage in Bezug auf Urheberschaft?
- Wie verändern Algorithmen den Kunstmarkt?
- Und ist das alles überhaupt wichtig?
Ebenso schürt das Tempo der Veränderungen Ängste und Verunsicherung. Muss nun auch der Kunstbegriff von Grund auf neu definiert werden?
Lassen Sie uns gemeinsam erforschen, wie sich der Wind der Veränderung durch KI-Technologien in der Kunstwelt manifestiert.
Die KI-Revolution
Die Kunst unterliegt einem stetigen Wandel, der auch durch die fortschreitende Technologie beeinflusst wird. Insbesondere die künstliche Intelligenz hat inzwischen Einzug in die Kunstwelt gehalten und eröffnet neue Möglichkeiten und erschüttert gleichzeitig die Grundmauern des Status Quo der Kunstszene.
Es gibt bereits unzählige Bilder, die vollständig von KI-Systemen erstellt wurden und somit ohne menschliche Künstlerin entstanden sind. Doch wer trägt die Verantwortung für ein solches Kunstwerk? Der Mensch oder der Computer? Bevor wir uns jedoch in philosophischen Überlegungen verlieren, wollen wir uns zunächst den grundlegenden Fragen widmen: Was genau ist KI-Kunst? Wie unterscheidet sie sich von herkömmlicher Kunst und wo kann man sie im Alltag finden?
Darüber hinaus möchten wir Ihnen weiterführende Informationen und Anlaufstationen zur künstlichen Intelligenz und deren Einfluss auf die Welt der Kunstvermitteln.
Was ist KI-Technologie und wie beeinflusst sie die Kunst?
Was einst in Büchern wie I, Robot (1950) und Filmen wie AI (2001) als Zukunftsvision dargestellt wurde, ist heute längst Realität: Künstliche Intelligenz (KI). KI bezeichnet die Automatisierung von intelligentem Verhalten und maschinellem Lernen. Auf diese Weise können Maschinen „denken“ und uns im Alltag, bei der Arbeit oder in der Freizeit unterstützen.
Die Anwendungsbereiche von KI sind so vielfältig wie die Medizin, die Rechtswissenschaft, soziale Medien oder die Automobilindustrie mit ihren selbst fahrenden Autos. Das Potenzial ist enorm und die Forschung steht erst am Anfang. In den letzten Jahren hat dies zu neuen, aufregenden und nicht immer unumstrittenen Funktionen und Auswüchsen geführt, wie beispielsweise TikTok, das vollständig auf algorithmischem Content basiert.
In jüngster Zeit wird auch immer häufiger von KI-Kunst gesprochen. In der Kunstwelt wird KI-Technologie verwendet, um Kunstwerke zu erzeugen, die von Maschinen selbst erstellt werden können. Dies geschieht durch die Verwendung von Algorithmen, die auf bestimmte Parameter programmiert sind, um Kunstwerke zu generieren. KI-Technologie hat die Kunstwelt revolutioniert, indem sie neue Möglichkeiten für Künstler schafft, ihre Arbeit zu erstellen und zu präsentieren.
Einige Künstler nutzen KI-Technologie, um ihre eigenen Kunstwerke zu erstellen, während andere die Technologie nutzen, um ihre Arbeit zu verbessern und zu erweitern.
Ein Beispiele einer fruchtbaren Mensch-Maschine-Partnerschaft ist der Berliner Künstler Roman Lipski. Sobald Lipski seinem KI-Assistenten beispielsweise Bilder kalifornischer Landschaften vorlegt, skizziert diese seine intelligente Maschine für ihn vorab diverse Ansätze, wie man die Region zwischen Rocky Mountains und Pazifik anders darstellen könnte.
Dem in Polen geborenen Maler dienen diese Skizzen als Inspiration, auf deren Basis er seine ganz eigenen Interpretationen entwickelt. Der Künstler selbst spricht euphorisch von einer
„echten Partnerschaft zwischen einem Maler und künstlicher Intelligenz.“
Der Autor Harald Willenbrock – Mitgründer der Magazine brand eins und WALDEN – berichtete über diese innovative und äußerst produktive Partnerschaft in der Rubrik ZEITGEISTER des Goethe Instituts: „Wann ist Kunst eigentlich Kunst?“.
Auf diese oder ähnliche Weise existieren zahlreiche weitere Künstliche Intelligenzen, die im künstlerischen Bereich tätig sind. Ein weiteres prominentes Beispiel hierfür ist ein neuronales Netz in Frankreich, welches auf Basis von 45 Beatles-Songs den Song „Daddy’s Car“ im Stil der Bandkomponisten John Lennon und Paul McCartney eigenständig neu komponierte.
Im Oktober 2018 erzielte das von einer KI generierte Gemälde „Portrait of Edmund de Belamy“ bei einer Auktion des New Yorker Auktionshauses Christie’s den Rekordpreis von 432.500 US-Dollar.
Das Besondere daran: Das Werk wurde von einem Algorithmus erschaffen, der auf Künstlicher Intelligenz basiert.
Diese Tatsache wirft aktuelle Fragen auf, obwohl die Diskussion um die Fähigkeiten von Computern in Bezug auf Kunst und Musik schon seit langer Zeit geführt wird. Bereits 1956 entstand das erste vollständig am Computer komponierte Musikstück namens „Illiac Suite“ für Streichquartett von Lejaren Hiller.
Ein Team um den Neurowissenschaftler Matthias Bethge entwickelte in Tübingen eine KI-Software, die die Werke berühmter Maler analysiert und reproduziert. Auf Bethges Website deepart.io konnte man jedes beliebige Motiv hochladen und für 1,99 Euro in ein Kunstwerk im Stil des gewünschten Großmeisters umwandeln lassen.
„Kunst ist in erster Linie eine Frage der Wahrnehmung“, so der Wissenschaftler (Leider war die Seite zum Zeitpunkt dieses Artikels nicht erreichbar und schien schon eine Weile „down“ zu sein. Alternativen sind der NightCafé Creator, Deep Dream Generator and die Prisma App)
Die Verwendung von KI-Technologie in der Kunst hat auch zu Debatten darüber geführt, ob Maschinen in der Lage sind, Kunstwerke zu schaffen, die mit menschlichen Werken vergleichbar sind. Trotz dieser Debatten hat KI-Technologie zweifellos die Kunstwelt verändert und wird dies auch in Zukunft tun.
Was ist KI-Kunst?
Die Frage, was KI Kunst ausmacht, ist vergleichsweise simpel zu beantworten. KI Kunstwerke sind jene, die durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz erschaffen wurden. Im Kontrast zur traditionellen Methode, bei der ein Künstler ein Bild mit eigenen Händen kreiert, wird das Werk hier durch künstliche Intelligenz generiert.
Jüngst hat das Bild mit dem Titel „Théâtre D’opéra Spatial“ für große Aufmerksamkeit im Netz gesorgt, da es bei einem Kunstwettbewerb den ersten Platz belegt hat (WERTGARANTIE berichtete dazu im Ratgeberbeitrag „Was ist KI Kunst? Das sind die wichtigsten Fakten“).
Bei diesem Werk handelt es sich um ein bemerkenswertes Beispiel für die Anwendung von Künstlicher Intelligenz in der Kunst. Das Bild wurde mithilfe des Programms „Midjourney“ generiert und von dem talentierten Künstler Jason Allen weiter verfeinert. Obwohl Allen eigentlich als Brettspielentwickler tätig ist, hat er sich bei einem Kunstwettbewerb für Amateure im US Bundesstaat Colorado beworben und mit seinem Beitrag den ersten Platz belegt.
Das Bild zeigt drei Personen in klassischen Gewändern, die vor einem majestätischen, runden Tor posieren, aus dem helles Licht in eine dunkle Halle strahlt. Die Wirkung des Kunstwerks ist beeindruckend, insbesondere wenn man bedenkt, dass es vollständig von einer KI generiert wurde und erst durch die nachträgliche Bearbeitung durch den menschlichen Künstler seine endgültige Form erhielt.
Wenn heute von KI Kunst gesprochen wird, bezieht sich dies in der Regel auf Bilder, die am Computer entworfen und gegebenenfalls später gedruckt oder auf Leinwand gebracht werden – oder aber als NFT-Kunst über das Netz verkauft werden. Grundsätzlich kann künstliche Intelligenz jedoch auch auf andere Kunstformen wie Bildhauerei, Musik oder Architektur angewendet werden.
Wie wird KI-Kunst erschaffen?
Auf welche Art und Weise kann künstliche Intelligenz Kunst hervorbringen? Derzeit existieren spezielle Programme, die es ermöglichen, mithilfe von KI Kunstwerke zu erschaffen.
Eines der bekanntesten Tools ist Stable Diffusion, welches atemberaubende Bilder erzeugen kann. Alles, was Sie benötigen, ist eine kurze Beschreibung des gewünschten Inhalts. Diese Art von Tools wird auch als Text-zu-Bild-Generatoren bezeichnet.
Nach Eingabe der Beschreibung generiert das Programm eine Vielzahl von möglichen Bildern, die ausschließlich durch künstliche Intelligenz entstehen. Andere Programme, die auf ähnliche Weise arbeiten, sind Midjourney, Crayion und DALL-E 2.
Kann KI Kunst?
Es herrscht Uneinigkeit darüber, ob KI in der Lage ist, echte Kunst zu schaffen. Die Perspektive, aus der man diese Frage betrachtet, spielt hierbei eine entscheidende Rolle. Betrachtet man die Urheberschaft eines Kunstwerks oder bewertet man Kunst anhand ihrer Wirkung auf das Publikum? Der Zukunftsforscher Bernd Flessner beurteilt KI-Kunst vor allem aus der Sicht des Publikums. Er ist der Meinung, dass ein Kunstwerk dann als solches betrachtet werden kann, wenn es für die Betrachter, Hörer oder Leser eine Bedeutung hat, unabhängig davon, wer es geschaffen hat. Ein Algorithmus kann daher genauso kreativ sein wie ein Mensch.
Auch der Neurowissenschaftler Bethge ist der Ansicht, dass Maschinen bereits heute die klassischen Kriterien menschlicher Kreativität erfüllen. Moderne KI sammelt Erfahrungen, analysiert Strukturen, löst sich von der Vergangenheit und schafft auf dieser Basis etwas Neues und Überraschendes. Dies ist vergleichbar mit dem kreativen Prozess eines Menschen.
Ein bemerkenswertes Beispiel für die Kreativität von KI ist das Spiel AlphaGo. Im März 2016 trat die KI gegen den damals besten menschlichen Spieler des chinesischen Strategie-Brettspiels Go an. In einem denkwürdigen Endspiel vollführte die KI einen Spielzug, den Kritiker als untypisch für einen menschlichen Spieler ansahen. Doch dieser Schachzug erwies sich als genial und führte zum Sieg der Maschine. Die Zuschauer, die das Mensch-Maschine-Match live auf Youtube verfolgten, waren völlig überrascht.
Ein weiterer Experte auf diesem Gebiet ist der Mathematiker Marcus du Sautoy, der an der renommierten Universität Oxford lehrt und das Buch „The Creativity Code“ über die Verbindung von Künstlicher Intelligenz und Kreativität verfasst hat. Er erkennt, dass KI-Kunst, -Literatur und -Musik eine neue Ära der Kreativität einläuten können, da sie in der Lage sind, Daten schneller und umfassender zu erfassen und zu kombinieren als der Mensch.
Interessanterweise kann Machine Learning sogar eingesetzt werden, um maschinelle Artefakte menschenähnlicher zu gestalten. Ein bemerkenswertes Beispiel dafür ist das französische Kollektiv Obvious, das mit dem Porträt des fiktiven Edmund de Belamy einen Generator-Algorithmus gegen einen Diskriminator-Algorithmus antreten ließ. Mehr dazu im Beitrag des Goethe Instituts: „Wann ist Kunst eigentlich Kunst?“.
Grenzen und Unzulänglichkeiten der KI
Obwohl intelligente Software immer mehr den Fähigkeiten menschlicher Künstler*innen ähnelt, fehlt ihr dennoch das Bewusstsein für soziale, emotionale und gesellschaftliche Faktoren – und diese sind ein zentraler Antrieb für kreatives Schaffen der Menschen.
Soziologisch betrachtet ist die Software eine Mischung aus blindem Spiegel und Fachidiot. Obwohl ihre Fähigkeit, jede digitalisierte Disziplin schnell zu durchdringen, beeindruckend ist, zeigt sie eine eklatante Naivität gegenüber allem, was außerhalb ihrer programmierten Zieldefinitionen und ihres verfügbaren Datenbestandes passiert.
Querverbindungen zu anderen Lebens- und Erfahrungsbereichen und Abstraktionen daraus zieht sie nicht.
KI-Kunst und das Urheberrecht
Das Recht am eigenen Bild wird durch das Kunsturhebergesetz geregelt. In rechtlicher Betrachtung stellt sich nun die Frage, wer der Urheber von KI-generierter Kunst ist: Ist es die Software, ihre Programmierer oder die Entwickler, die sie mit Daten und einem Auftrag versorgt haben? Und was ist mit den Urhebern der Musikstücke, Zeichnungen oder Romanen, die als Datenmaterial verwendet wurden?
Diese Frage wurde nach dem Verkauf des KI-Kunstwerks „Edmond de Belamy“ sehr konkret. Der gesamte Auktionserlös ging an das Pariser Obvious-Kollektiv, das seine Arbeit als Hinweis auf die Parallele zwischen dem Programmieren eines Algorithmus und der Expertise, die das Handwerk und den Stil eines Künstlers ausmachen, verstand.
Dies führte jedoch zu Unmut bei Robbie Barat. Der US-amerikanische Künstler und Entwickler, der den Algorithmus Open Source zur freien Verwendung und Weiterentwicklung ins Netz gestellt hatte, ging genauso leer aus wie die vielen Zeichner und Maler, deren Werke als Datensubstrat in den „Edmond de Belamy“-Generator eingespeist wurden.
KI eröffnet einen neuen Blickwinkel auf unseren menschlichen Kunstbegriff. KI-unterstützte oder -generierte Kunst ist daher relevant, weil sie die uralte Kontroverse, wer oder was ein Künstler ist, auf neue Art aufwirft. Sie mag ein noch blinder Spiegel sein, aber einer, in dem wir uns selbst ein Stück besser erkennen.
KI und Gebrauchskunst
Eine weitere Perspektive erhalten wir durch die Bewertung von Kunst als Gebrauchsgegenstand: demnach können Bilder nicht nach ihrem künstlerischen Wert oder Marktwert beurteilt werden, sondern nach ihrem Gebrauchswert. Es ist erstaunlich zu sehen, was KI hier mittlerweile leisten kann. Mit Hilfe von Plottern und 3D-Druckern erweitern sich die künstlerischen Darstellungsmöglichkeiten noch weiter.
KI kann Bilder erschaffen, die nicht als künstlich erkennbar sind. Algorithmen können menschliche Gesichter so realistisch abbilden, dass sie kaum von echten Fotografien und Menschen zu unterscheiden sind. Auch Landschaften, Gebäude und andere Details können von KI generiert werden.
Im Bereich der Stock-Fotografie können KI-generierte Bilder von täuschender Echtheit produziert werden, ohne dabei persönliche Rechte von abgebildeten Menschen zu verletzen oder Vergütungsansprüche zu begründen. Das Fachmagazin meedia bewertet dies als die größte Umwälzung im Stock-Markt seit der Erfindung des User Generated Content. Leistungsfähige, KI-basierte Werkzeuge erzeugen digitale Assets aus dem Nichts.
Allerdings entstehen auch bei solchen Werken Copyrights und Stockbilder, die sich vermarkten lassen. Nur das Urheberrecht fällt weg, das stellt die Existenzberechtigung von Fotoagenturen auf die Probe.
Es ist unmöglich, exakt zu prognostizieren, welche Auswirkungen diese Transformation haben wird – wie disruptiv oder produktiv sie sein wird. Jedoch ist es unbestreitbar, dass massive Veränderungen bevorstehen und jede Branche sich damit auseinandersetzen sollte.
Es empfiehlt sich, aktiv Teil der Veränderung zu sein. Ein deutliches Zeichen dafür ist die Veränderung der Arbeitswelt, die bereits jetzt in vielen Branchen eingesetzt hat. Daten-Enthusiasten entdecken ihre künstlerische Ader und verbinden diese mit ihrem Fachwissen, um neue Berufsfelder wie den „Artist Scientist“ zu schaffen.
Beispiele hierfür sind der AI-Künstler ALAgrApHY und die ehemalige Google-Mitarbeiterin Dr. Viva, wie die Redaktion Digitale Exzellenz bereits in ihrem Beitrag aus dem Jahre 2021 anführte: „KI und Bilder: Ist das Kunst oder künstlich?“
Womöglich wandelt sich bald auch das Tätigkeitsprofil von Kunstkritikern und des Feuilletons in eine Richtung, wo sich die Menschen von Algorithmen bei der Deutung und Bewertung von Kunst unterstützen lassen.
Inhaber und Geschäftsführer von Kunstplaza. Publizist, Redakteur und passionierter Blogger im Bereich Kunst, Design und Kreativität seit 2011. Erfolgreicher Abschluss in Webdesign im Rahmen eines Hochschulstudiums (2008). Weiterentwicklung von Kreativitätstechniken durch Kurse in Freiem Zeichnen, Ausdrucksmalen und Theatre/Acting. Profunde Kenntnisse des Kunstmarktes durch langjährige journalistische Recherchen und zahlreichen Kooperationen mit Akteuren/Institutionen aus Kunst und Kultur.