Zürich und Metz, Reims und Mainz und Chichester und Tudeley, Sarrebourg und Jerusalem – die Orte, an denen Ihnen ganz besonders schöne, bunt und vollkommen ungewöhnlich gestaltete Glasfenster in kirchlichen Bauten auffallen könnten, sind weit über die Welt verstreut.
Diese wunderbare Glaskunst mit biblischen Motiven wurde in all diesen Kathedralen und Synagogen, Münstern und Kirchen von einem Künstler gestaltet, dem wunderbaren Marc Chagall.
Marc Chagalls poetischer, figurativer Stil machte ihn zu einem der beliebtesten modernen Künstler, während sein langes Leben und vielfältiges Schaffen ihn zu einem der international anerkanntesten Kunstschaffenden in der Moderne machten. Während viele seiner Kollegen ehrgeizige Experimente verfolgten, die oft zur Abstraktion führten, liegt Chagalls Unterscheidung in seinem festen Glauben an die Kraft der figurativen Kunst, den er trotz der Aufnahme von Ideen aus Fauvismus und Kubismus stets aufrechterhielt.
Steckbrief und wichtige Infos auf einen Blick
Marc Chagall war ein französisch-russischer Maler jüdischer Religionszugehörigkeit. Sein ursprünglicher russischer Name war Мойше Хацкелевич Шагал / Moische Chazkelewitsch Schagal. Das familiäre Umfeld, sein Heimatort Witebsk und Motive aus der Bibel sowie aus dem Zirkus sind die Kernthemen seines Oeuvres.
Geboren: am 7. Juli 1887 in Ljosna, Belarus
Verstorben: am 28. März 1985 in Saint-Paul-de-Vence, Frankreich
Zugeordnete Epoche(n): Expressionismus, Kubismus, Fauvismus
Welche Art von Kunst / Medien: Gemälde, Farbtafeln, Kirchen- und Synagogenfenster, Mosaike, Lithographien
Beliebte Motive / Themen: Das familiäre Umfeld, sein Heimatort Witebsk und Motive aus der Bibel sowie aus dem Zirkus und der Musik
Bedeutende Werke:
- An meine Verlobte (1911)
- Selbstporträt mit sieben Fingern
- Ich und das Dorf (1911)
- Die heiligen Kutscher (1912)
- Die Tore des Friedhofs (1917)
- White Crucifixion (1938)
- Grüner Geiger (1924)
- America Windows (1977)
- Die drei Kerzen (1940)
- Kuh mit Parasol (1946)
- Bouquet mit fliegenden Liebhabern (1947)
- Bella mit weißem Kragen
- Huldigung an Apollinaire
- Der grüne Geiger
- Spaziergang
- Das Zirkuspferd
- Paris durch das Fenster
- La Mariée
In welchen Museen / Ausstellungen zu finden:
- Musée National Marc Chagall in Nizza, Frankreich
- Centre Pompidou Metz, Frankreich
- Marc Chagall Museum in Witebsk, Russland
- Museum of Modern Art in New York, USA
- Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung in München, DE
- Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, DE
- Olaf-Gulbransson-Museum am Tegernsee, DE
- Kunsthalle Weishaupt in Ulm, DE
- SCHIRN Kunsthalle Frankfurt, DE
- Buchheim Museum, DE
- Museum Berggruen in Berlin, DE
- Kunstforum Wien, Österreich
- Kunstmuseum Basel, Schweiz
Biographie – Das frühe Leben von Marc Chagall
Marc Chagall ist zwar überaus bekannt, aber dennoch genau der richtige Künstler, wenn Sie in einem Kreis hochgebildet fabulierender Kunstfreunde herausfinden möchten, ob die Eine oder der Andere sich wirklich auskennen. Reden Sie dann einfach von Marc Chagall, dem unglaublichen französischen Expressionisten, und warten Sie ab, wer dagegen hält.
Denn Marc Chagall ist ebenso wenig Franzose, wie sein richtiger Name Marc Chagall ist, er ist russisch-jüdischer Herkunft und wurde getauft mit dem viel melodischeren Namen Moshe Segal, was in seinen Papieren russifiziert wurde zu Moische Chazkelewitsch Schagalow bzw. Moishe Zakharovich Shagalov. Auch sein Geburtsdatum wird häufig falsch angegeben, nach dem damals in Russland angewandten julianischen Kalender wurde der Künstler am 24. Juni 1887 geboren.
Das umgerechnete Datum im gregorianischen Kalender wäre im 19. Jahrhundert der 6. Juli und erst ab 1900 der 7. Juli, wer behauptet, Chagall wäre am 7.7.1887 geboren, liegt also nach beiden Kalendern falsch (Chagall selbst zweifelte überhaupt daran, dass seine Eltern das Geburtsjahr richtig angegeben hatten, er hielt sich für jünger, wäre aber nur mit dem niedergelegten Datum vom Militärdienst befreit worden).
Viele wirklich beschlagene Kunstfreunde werden jedoch glänzende Augen bekommen, wenn Sie Interesse am Werk eines der berühmtesten Künstler des 20. Jahrhunderts zeigen, denn nicht nur seine Kirchenfenster faszinieren.
Moshe Segal kam in Peskowatik zur Welt, einer Vorstadt von Vitebsk, das damals im Russischen Kaiserreich lag und heute zu Weißrussland gehört. Vitebsk war etwa zur Hälfte von jüdisch-orthodoxen Einwohnern wie Chagalls Eltern bevölkert, die zur Arbeiterklasse gehörten und außer ihm noch neun Geschwister aufzuziehen hatten. Die sie gut zu ernähren wussten, der Vater arbeitete in der Heringsfischerei, die Mutter führte ein kleines Lebensmittelgeschäft.

Auch in der Erziehung leisteten Chagalls Eltern Außergewöhnliches: Schon in der Cheder, der jüdischen Religionsschule, hatte Chagall aufgrund seines Stotterns Schwierigkeiten. Der Vater gab ihm zu Hause sprachfördernden Gesangsunterricht, die Mutter bestach den Lehrer, damit Moshe die städtische Schule besuchen konnte. Normalerweise wurden dort keine Juden aufgenommen, nur so konnte Chagall zum Jiddischen auch die russische Sprache lernen. Er konnte nun auch Geigenunterricht nehmen und zu zeichnen beginnen.
Künstlerische Ausbildung
Nach Abschluss der Gemeindeschule wurde er 1906 Schüler im Atelier des bedeutenden Malers Jehuda Pen, der an der Petersburger Kunstakademie studiert hatte. 1906 begann Chagall sein Studium bei Yehuda Pen, der in Witebsk eine rein jüdische, exklusive Einrichtung für Mal- und Zeichenschüler leitete. Obwohl er für die kostenfreie akademische Ausbildung dankbar war, verließ Chagall die Einrichtung nach wenigen Monaten wieder.
Chagall ging nun mit einem Freund nach Sankt Petersburg, um sich an verschiedenen Schulen abschließend zum Künstler ausbilden zu lassen. Er besucht unter anderen die kaiserliche Kunstakademie der Hauptstadt und verschiedene Privatschulen und lernte den russisch-französischen Maler Léon Bakst kennen, der ihn mit den aktuellen Strömungen in der Malerei bekannt machte und ihm von der großen Resonanz vorschwärmte, die russische Kunst in Paris erhalte.
Karriere und Aufstieg als Künstler
1906 – 1910 (Russisches Reich)
Der Maler Chagall studierte zwischen 1908 und 1910 an der Zvantseva School of Drawing and Painting unter Léon Bakst, einem dekorativen Künstler, der als Designer von Bühnenkostümen für die Ballets Russes bekannt und ebenfalls Jude war. In diesen Jahren in Sankt Petersburg lernte er auch unkonventionelle Stücke und die Werke von Malern wie Paul Gauguin kennen.
Chagall besuchte in dieser Zeit immer wieder das heimische Witebsk, wo ihm seine spätere Frau Bella Rosenfeld Modell stand (einen der ersten dieser Versuche in der Aktmalerei entdeckte die entsetzte Mutter, Chagall übermalte ihn daraufhin, dieses Bild nannte er leicht spöttisch “Begräbnis”).
Chagall schwärmte später von seiner ersten Begegnung mit ihr: „Ihre Ruhe ist auch die meine, ihre Augen sind auch die meinen. Es ist, als ob sie alles über meine Vergangenheit, meine Gegenwart und auch meine Zukunft wüsste, als ob sie durch mich hindurchschauen könnte.“
Er fertigte zu dieser Zeit bereits einige aufsehenerregende Werke an, auch sein berühmtes schwarz-weißes Bild „Der Tote“ (Le Mort) stammt aus dieser Periode.

1910 – 1914 (Frankreich)
So konnte er auch schon erste Bilder verkaufen, mit dem Erlös und einem kleinen Stipendium eines Gönners konnte Chagall nun im September 1910 nach Paris aufbrechen.

von Marc Chagall (territa.ru/photo/556-0-37377), via Wikimedia Commons
Er nahm sich ein eigenes Atelier in Montparnasse, voller Hoffnung auf die Unterstützung der in Paris lebenden russischen Künstler, Wassili Kandinsky, Alexej von Jawlensky und Jacques Lipchitz beispielsweise. Zunächst mit wenig Erfolg, erst in seinem Winter 1911/1912 bezogenen Atelier in der Künstlersiedlung “La Ruche” setzte er sich mitten in die künstlerische Avantgarde von Paris und lernte gefragte Maler wie Robert Delaunay, Amedeo Modigliani, Fernand Léger und Albert Gleizes kennen.
Auch mit den Dichtern Max Jacob, Guillaume Apollinaire und Blaise Cendrars war er bald befreundet, und sein neues Atelier war größer und erlaubte größere Bildformate.
Aus dieser Zeit stammt Chagalls Spitzname “Malerpoet”, wenn seine Freunde ihn jedoch “le poète” nannten, weil er den Pariser Beinamen „la ville lumière“ (die Lichtstadt) in “la lumière-liberté” (das Licht der Freiheit) umdichtete, dachte Chagall weniger poetisch als vielmehr ganz konkret an Freiheit: In seiner zaristisch regierten Heimat brauchte er z. B. als Jude eine Aufenthaltserlaubnis für die Hauptstadt seiner Heimat!
Chagall genoss diese Freiheit und sah sich die Gemälde möglichst vieler bekannter Künstlern an, wenn er abends von seinen Museumsbesuchen und Spaziergängen ins Atelier zurückkehrte, wurden die Erlebnisse des Tages voller Phantasie in Bildern gestaltet.
Bald durfte Chagall an den ersten Pariser Kunstausstellungen teilnehmen, in diesen “Salons” lernte er die Farbexplosionen der Fauvisten und die abstrakten Konstruktionen der Kubisten kennen, die ihn beflügelten. Nach ersten kubistisch angehauchten Versuchen konnte Chagall nun eine erste eigene Form entwickeln, auch wenn sein Werk „Meiner Braut gewidmet“ als pornografisch angesehen wurde, wurde Chagall damit 1912 auf dem bedeutenden Pariser Frühjahrssalon zugelassen.
Seine Bilder wurden damals schon von Apollinaire als “surnaturel“ betitelt, erst gut 10 Jahre später sprach man dann von “surreal” und einer neuen Kunstrichtung, dem “Surrealismus”. Chagall setzte nun die Gouache (mit Wasser angesetzte Deckfarbe auf Papier) als bevorzugte Darstellungsweise ein, mit der er all seine spontanen Improvisationen preiswert festhalten konnte. In seinen vier Pariser Jahren malte Chagall Hunderte von Gouachen und nur etwa 40 Leinwandbilder, die für geplante Werke vorbehalten waren.
1913 lernte er durch Apollinaire den Berliner Kunsthändler Herwarth Walden kennen, der ihn auf den ersten Herbstsalon in Berlin mitnahm. 1914 organisierte Walden in seiner Berliner Galerie “Der Sturm” die erste Einzelausstellung Chagalls. Als der Künstler auf dem Weg zur Vernissage nach Berlin in Witebsk seine Familie und seine Verlobte besuchte, brach der Erste Weltkrieg aus, die Grenzen wurden geschlossen und eine Rückkehr nach Paris unmöglich.
1914 – 1922 (Sowjetisches Weißrussland)
Chagall heiratete nun erst einmal und siedelte mit seiner Frau Bella 1915 in die inzwischen Petrograd genannte Hauptstadt um, wo 1916 die Tochter Ida geboren wurde. Anstatt Militärdienst arbeitete er in einer Dienststelle für Kriegswirtschaft und erforschte die neue Kunst in Russland, stellte 1916 in Moskau aus und malte von den Kriegserlebnissen geprägte Bilder.
Die künstlerische Phantasie schien in Paris zurückgeblieben zu sein, Soldaten, Familie, Straßenszenen und Landschaft lieferten die Motive, bis Chagall vom revolutionären Umbruch in Russland vereinnahmt wurde. Er wollte mitwirken, mit Konzeption einer Kunstschule in Witebsk, die er als 1918 ernannter Kommissar für die „Schönen Künste“ im Gouvernement Witebsk 1919 gründen konnte.
Er konnte verschiedene Künstler der russischen Avantgarde (z. B. Kasimir Malewitsch, El Lissitzky, Iwan Albertowitsch Puni) nach Witebsk holen, wo sie nicht den Hunger litten wie im restlichen Russland, außerdem organisierte Chagall Ausstellungen und kümmerte sich um die Neu- und Wiedereröffnung von Museen.

von PaddyBriggs (Own work), via Wikimedia Commons
Ein Streit mit Malewitsch, der mit seinem Bild “Schwarzes Quadrat auf weißem Grund” die Richtung der neuen russischen Kunst vorgab, führte 1920 zu Chagalls Rücktritt von der Leitung der Kunstakademie. Chagalls bunte und fantasievolle Kunst passte nicht in eine solche Auffassung einer “reinen Malerei” und er selbst passte nicht mehr in die offizielle Ideologie, nach einer kargen Zeit in und um Moskau brach Chagall 1922 nach Berlin auf.
Walden hatte zwischenzeitlich die von Chagall in Berlin zurückgelassenen Bilder verkauft und den Erlös auf ein Konto eingezahlt, wegen der Inflation in Deutschland war das jedoch keine finanzielle Absicherung für die Familie Chagall, sondern ein wertloses Guthaben.
1923 – 1941 (Frankreich)
Also ging Chagall 1923 mit seiner Familie nach Paris, wo er vom Verleger Ambroise Vollard den Auftrag erhielt, “Die toten Seelen“ von Nikolai Gogol zu illustrieren, bis 1927 entstanden 96 Radierungen. Nun begann eine höchst produktive Periode, Chagall malte die verlorenen Bilder nach und erhielt einen weiteren Illustrationsauftrag von Vollard (die Fabeln von Jean de La Fontaines), die ihn bis 1931 beschäftigten, 1926 fand seine erste Ausstellung in New York statt, ein Vertrag mit Kunsthändler Bernheim befreite die Familie nun von allen finanziellen Sorgen.
Es folgten viele Reisen, nach Südfrankreich, nach Palästina zur Vorbereitung von Bibelillustrationen für Vollard (die Chagall von 1931 bis 1939 und 1952 bis 1956 bearbeiten sollte), in die Niederlande. 1933 fand in der Kunsthalle von Basel hatte die erste große Chagall-Retrospektive statt.
Sehr früh spürt der sensible Künstler die vom Dritten Reich ausgehende Bedrohung für die jüdische Welt, auch dieser unglaubliche Künstler kann der Horror bringenden Dummheit des damaligen Deutschland nur in vielen Wirren und Gefahren entgehen, die wenigen Bilder dieser Zeit gelähmter Schaffenskraft drücken sein Entsetzen aus.
1941 – 1948 (Vereinigte Staaten)

von Carl Van Vechten, via Wikimedia Commons
Nach einer Irrfahrt durch Italien und Frankreich wird die Familie Chagall durch die Auswanderung nach Amerika gerettet, wo sie am 23. Juni 1941 eintreffen.
In New York trifft Chagall Freunde wie Breton, Léger, Mondrian und Masson, die schon vor ihm emigrieren konnten.
Er kann zunächst wieder einige optimistischere Arbeiten vollbringen, Bühnenbilder und Ballettkostüme für ein Ballett zur Musik Tschaikowskis, das in Mexiko-Stadt uraufgeführt wird, das europäische Kriegsgeschehen beschäftigt ihn jedoch weiter und schlägt sich in einigen berühmten Bildern nieder, wie „Der Krieg“ oder „Die Kreuzigung in Gelb“. Als seine Frau Bella 1944 an einem Virusinfekt stirbt, fällt Chagall in eine Depression, er ist monatelang nicht fähig zu malen. 1945 beginnt er eine neue Beziehung zu Virginia Haggard McNeil, aus der 1946 Chagalls Sohn David McNeil hervorging, er fing jetzt auch allmählich wieder zu malen an.
Im gleichen Jahr stattet er Strawinskys “Der Feuervogel“ für die Metropolitan Opera in New York aus, 1946 schließt sich eine Chagall-Retrospektive im Museum of Modern Art an. 1946 kehrt Chagall zwar scheinbar aus dem Exil in seine schöpferische Heimat Paris zurück, sehnt sich aber auch nach seiner neuen Heimat, in der er inzwischen ein neues Atelier in einem kleinen Dorf in den Catskill Mountains (im Norden New Yorks) bezogen hatte.
1948 – 1985 (Frankreich)
Es geht mehrfach zwischen der alten und der neuen Welt hin und her, 1947 hat Chagall Ausstellungen in Paris, Amsterdam und London, 1948 beschließen Chagall und Virginia dann doch, sich mit den Kindern in Frankreich niederzulassen.
Seit 1949 wohnt Chagall in Saint-Jean-Cap-Ferrat an der Côte d’Azur, es folgen Ausstellungen und Preise in Europa, Chagall veröffentlicht Lithografien und fertigt Wandmalereien und beschäftigt sich erstmals mit Keramik, 1950 findet eine große Retrospektiv-Ausstellung im Züricher Kunsthaus statt. Er trennt sich von Virginia und heiratet im Juli 1952 die Russin Walentina Brodsky (“Wawa“), eine Stärkung für seine Schaffenskraft.
Mit ihr unternimmt er Reisen nach Griechenland, um neue lithographische Aufträge zu bearbeiten, in der 1950er Jahren erscheinen die La Fontaine-Fabeln mit seinen Illustrationen, 1957 die so lange bearbeiteten Bibel-Illustrationen, 1961 folgte “Daphnis und Chloe“. Chagall widmet Paris, seinem „zweiten Witebsk“, eine Reihe von Bildern, stellt in Deutschland und der Schweiz aus, eröffnet 1957 in Haifa (Israel) und hält Vorträge in Chicago und in Brüssel. In dieser Zeit liegt auch der Beginn seiner Arbeiten an kirchlichen Glasfenstern, die Entwürfe für die Fenster der Kathedrale von Metz entstanden 1958.
Der bereits über 70-jährige Chagall wird inzwischen in der ganzen Welt bewundert, er wird zum Ehrenmitglied von Kunstakademien, Ehrendoktor und Ehrenbürger berufen und mehrfach zur documenta eingeladen, viele Retrospektiven weltweit in der ganzen Welt finden statt und viele weitere Kirchenväter möchten ihre Kathedralen oder Synagogen mit Glasfenstern von Chagall ausgestattet sehen, der die Glasmalerei durch seine Malweise zu einer neuen, einzigartigen Blüte bringt.
1963 wurde Chagall ausgewählt, die neue Decke der Pariser Oper zu schmücken. Das war eine große Ehre, schließlich handelte es sich um ein prächtiges Bauwerk aus dem 19. Jahrhundert und einen historischen Ort. Frankreichs Kulturminister wünschte sich etwas Einzigartiges und seine Wahl für den ausführenden Künstler fiel auf Chagall.

Fotografie von Ninara from Helsinki, Finland, CC BY 2.0, via Wikimedia Commons
Die Wahl des Künstlers war jedoch nicht unumstritten und löste eine heftige Debatte aus: zum einen gab die Tatsache, dass ein russischer Jude ein französisches Wahrzeichen schmückt, den Stein des Anstoßes. Auf der anderen Seite wurden Kritiker laut, die gerne verhindert hätten, dass ein zeitgenössischer Künstler die Decke des historischen Gebäudes bemalt.
Trotz allen Widerständen hielt Chagall an der monumentalen Aufgabe fest, deren Fertigstellung ein Jahr dauerte. Nach der Bekanntgabe der neuen Decke schienen „selbst die größten Gegner des Auftrags zu verstummen“. Zu dieser Zeit schuf er auch das großartige Friedensfenster (1967) am UN-Hauptsitz in New York.

Bis zu seinem Tod, er starb im März 1985 mit fast 98 Jahren in Frankreich, war Chagall ununterbrochen gefragt und beschäftigt und erhielt laufend weitere Ehrungen. In seinem vielschichtigen Leben hatte der Malerpoet die großen Hoffnungen und die niederschmetternden Enttäuschungen der russischen Revolution persönlich miterlebt, ebenso wie die nahezu vollständige Auslöschung des europäischen Judentums und die totale Vernichtung seiner Heimatstadt.
Chagalls letztes Gemälde war ein Auftragswerk für das Rehabilitation Institute of Chicago. Das Gemälde mit dem Namen Job (1985) wurde fertiggestellt, aber Chagall starb kurz vor der Fertigstellung des Wandteppichs.
Die Liebe zu seinen vielfältigen Arbeiten – ob es sich um Mosaiken, Lithographien, Glasfenster, Gemälde oder andere Ausdrucksformen handelt – ist seitdem nie abgeebbt.
Marc Chagalls künstlerische Stilmerkmale
Eines seiner bekanntesten Zitate lautet: „Soll ich die Erde malen, den Himmel, mein Herz? Die Städte die brennen, meine Brüder die fliehen? Meine Augen voll Tränen. Wohin soll ich laufen und fliehen, zu wem?“. Darin spiegelt sich seine Suche nach Identität, Inspiration und Sinnhaftigkeit in seinem Schaffen.
Chagall arbeitete zu verschiedenen Zeitpunkten seiner Karriere in vielen radikalen modernistischen Stilen, darunter Kubismus, Suprematismus und Surrealismus, die ihn möglicherweise dazu ermutigten, in einem völlig abstrakten Stil zu arbeiten. Doch er lehnte jede von ihnen nacheinander ab und blieb der figurativen und narrativen Kunst verpflichtet, was ihn zu einem der prominentesten Vertreter des traditionelleren Ansatzes der Moderne machte.
Chagalls jüdische Identität war ihm sein ganzes Leben lang wichtig, und viele seiner Arbeiten können als Versuch beschrieben werden, alte jüdische Traditionen mit Stilen der modernistischen Kunst zu versöhnen. Gelegentlich griff er jedoch auch auf christliche Themen zurück, was seinen Geschmack für Erzählung und Allegorie ansprach.
In den 1920er Jahren wurde Chagall von den aufstrebenden Surrealisten als verwandter Geist bezeichnet, und obwohl er Anleihen bei ihnen machte, lehnte er letztendlich ihre eher konzeptuellen Themen ab. Dennoch ist fast allen Werken Chagalls eine traumartige Qualität eigen; Wie der Dichter und Kritiker Guillaume Apollinaire einmal sagte, ist Chagalls Werk „übernatürlich“.
„Fantasie“, „traumhaft“ und „surreal“ gehören zu den häufig verwendeten Begriffen in unmittelbarer Nähe zu Chagalls verschiedenen Wandgemälden, Buntglasfenstern, Gemälden und Kunstwerken im Allgemeinen. Obwohl Kritiker seine Arbeit wegen ihres Mangels an „Realismus“ hinterfragen, schwelgen viele in der visuellen Anziehungskraft seiner Stücke wegen der visuellen Poesie, die sie hervorrufen.
Aber Bilder von fliegenden Fischen, Engeln, Kühen, Pferden, verschiedenen Tieren und Liebhabern auf dem Wasser scheinen Darstellungen von etwas anderem zu sein, und ein Großteil seiner Kunst scheint von Symbolik durchdrungen zu sein.
Chagall merkte einmal an:
„Wenn ein Symbol in einem meiner Gemälde entdeckt werden sollte, war dies nicht meine Absicht. Es ist etwas, das sich später finden lässt und das je nach Geschmack interpretiert werden kann.“
Themen, Symbolik und Allegorie in Chagalls Werken
Ungeachtet dieser Reaktionen sind die Menschen dazu übergegangen, „Symbolen“ in seinen Gemälden ihre entsprechende Bedeutung zuzuweisen.
Politisch-religiöse Themen
Darstellung und Symbolik sind vielleicht am deutlichsten in Chagalls faszinierendem und umstrittenem Gemälde „White Crucifixion“ von 1938, dem 1943 ein ähnliches Gemälde namens „Yellow Crucifixion“ folgte, in dem sein Talent, verschiedene Elemente und Farben zu integrieren, sowie seine Vorliebe für das Religiöse, von seinen jüdisch-belarussischen Wurzeln stammend.
Interpretationen in Bezug auf beide Werke deuten darauf hin, dass die Gemälde Chagalls Reaktionen auf das Stalin-Regime, die Säuberung der Juden während der Nazizeit und die Tatsache waren, dass die Person Jesu hauptsächlich als Nicht-Messias im Überfluss vorhanden ist, der nicht in der Lage ist, jüdische Menschen von ihrem Leiden zu befreien.
Abgesehen von der offensichtlichen und unverhohlenen Darstellung von Jesus am Kreuz existieren Elemente jüdischer Trübsale in Form der Thora-Rolle, jüdischer Leuchter, brennender Gemeinden, vertriebener Familien und eines Engels, der ironischerweise eine Friedens- und Hoffnungsbotschaft zu überbringen scheint.
Heimatort Witebsk
Seine frühen Bilder stammen häufig aus Witebsk, der Region, in der er geboren und aufgewachsen ist. Sie sind naturgetreu und vermitteln das Gefühl des direkten Erlebens, oft begleitet von einem visuell eindrucksvollen Bild. Einige dieser Kunstwerke sind Schnee, Winter in Witebsk (1911) und Tod (1911).


In seinen letzten Jahren wurden die Themen immer melodramatischer. Er versuchte nicht, die Wahrheit in realistischer Form darzustellen, sondern schuf stattdessen sein eigenes Ambiente durch Fiktion und Surrealismus.
Es waren jedoch die Bilder und Erinnerungen an seine Kindheit in Weißrussland, die seine Kreativität mehr als 70 Jahre lang beflügelten. Bestimmte Merkmale in seinen Gemälden sind während seiner gesamten Schaffenszeit konstant und sichtbar geblieben. Eines davon war die Auswahl der Themen und die Art und Weise, wie er sie darstellte.
Selbstportrait mit sieben Fingern

Ein weiteres visuell faszinierendes Gemälde von Chagall war sein Selbstporträt, in dem er sich selbst beim Malen mit sieben Fingern an seiner linken Hand darstellt. Dies könnte vielleicht der Tatsache zugeschrieben werden, dass Chagall sich trotz der Einbeziehung seines eigenen Stils dafür entscheidet, sich mit verschiedenen Kunstformen zu beschäftigen und die besonderen Überzeugungen in die genannten Formen einzubeziehen. Wie Chagall zitiert wird: „Ich arbeite in jedem Medium, das mich gerade mag.“
Pferde

fotografiert von Andrew Milligan sumo, CC BY 2.0, via Wikimedia Commons
Pferde, die eng als Symbol der Freiheit bezeichnet werden, sind in Chagalls Werken in Gemälden wie „The Flying Carriage“, „Circus“, „I and the Village“ und in seiner Arbeit an der Decke der Pariser Oper reichlich vorhanden.
Kirchen und biblische Motive

fotografiert von Rokus Cornelis, CC BY 3.0, via Wikimedia Commons
Auch hier nehmen die religiösen Untertöne in seinem Thema in den wörtlichen Darstellungen von Glauben und Religion Gestalt an. Kirchliche Strukturen werden in der rohen und typischen Natur eines Hauses mit einem Kreuz auf dem Dach dargestellt. Kirchen sind in seinen verschiedenen Arbeiten auf Leinwänden, Glasfenstern, Wandmalereien und anderen Arbeiten dargestellt.
Der Zirkus
Abgesehen von der buchstäblichen Darstellung eines zirkus- und karnevalesken Schauplatzes in seinem Gemälde „Circus“ sind alle Werke von Chagall in einer Weise ausgeführt, die einen Zirkus aus Elementen, Farben und Ideologien zu einem viszeralen Kunsterlebnis zu kombinieren scheint.

Quelle: Catawiki.org
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Hierbei handelt es sich um ein Giclée in limitierter Auflage von Marc Chagall mit dem Titel „DANCE AND THE CIRCUS“. Eine Versteigerung fand auf Catawiki statt. Weitere Kunst-Auktionen zu Marc Chagall finden Sie hier:
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Die gutherzige Fröhlichkeit und Freundlichkeit der meisten seiner Bilder (Der Spiegel, 13/1959), die sich ein Künstler bewahrt hat, der durch die Hölle des Nationalsozialismus gegangen ist, kann sicher manchen schwer geprüften Menschen aufrichten. Sie dürfen die verzückenden Kunstwerke, in denen geflügelte Fische Violine spielen, Kühe auf Dächern lagern und Sie mitten in einem Blumenstrauß ein winziges Liebespaar entdecken können, aber auch einfach nur genießen.
Im nachfolgenden Video sehen Sie eine Präsentation einiger seiner Werke zur wunderbaren Musik von Pachelbels Canon:

Inhaber und Geschäftsführer von Kunstplaza. Publizist, Redakteur und passionierter Blogger im Bereich Kunst, Design und Kreativität seit 2011. Erfolgreicher Abschluss in Webdesign im Rahmen eines Hochschulstudiums (2008). Weiterentwicklung von Kreativitätstechniken durch Kurse in Freiem Zeichnen, Ausdrucksmalen und Theatre/Acting. Profunde Kenntnisse des Kunstmarktes durch langjährige journalistische Recherchen und zahlreichen Kooperationen mit Akteuren/Institutionen aus Kunst und Kultur.