Künstliche Intelligenz ist seit geraumer Zeit auf dem Vormarsch und inzwischen wohl bekannt. Generative KI erstellt digitale Inhalte, z.B. Bilder, Texte, Videos oder Musik. Jeder kann anhand eines KI-Programmes kostenlos hochauflösende Bilder erstellen und sie frei nutzen. Es gibt kein Urheberrecht auf diese Bilddateien! In großem Umfang fluten solche Bilder mittlerweile das Internet auf Webseiten, auch in Kunstportalen, wie z.B. Art Heroes oder Artmajeur.
Dort werden diese Bilder zum Kauf angeboten und die Leute die dies tun nennen sich oft Künstler, und denken dass sie diese Bildwerke selbst erschaffen haben. Aber das stimmt so nicht, denn KI-Kunst wird nicht als das Werk eines menschlichen Schöpfers angesehen, deshalb gibt es auch kein Urheberrecht auf diese Bilder.
Meine erste Erfahrungen mit KI-Kunst habe ich gemacht, als ich beim Kunstportal Artmajeur Jemanden kennenlernte, der KI-Kunst angeboten hatte, das war 2023. Sogleich habe ich selbst ausprobiert, was mir bisher ein Rätsel war, mit dem Programm Nightcafé das im Internet kostenfrei zur Verfügung steht. Ich war erstmal begeistert wie schnell das geht und habe mich reingefuchst. Bald war mir klar: es geht ganz einfach. Mit etwas Knowhow und kreativen Textideen (Prompts) die es braucht so ein Bild zu erstellen, kann jeder sich daran bedienen. Das Bildtool eines KI-Programms ermöglicht es durch einfache Befehle rasch unzählige Bildinhalte zu erzeugen, je nach Einstellungen.
Schon von Anfang an kamen mir Zweifel an der Sache. Das liegt mitunter daran, weil ich als gelernte Grafikdesignerin in meiner Studienzeit alles rein manuell erlernte, Computer gab es noch nicht. 1993 habe ich mit Desktop Publishing angefangen was die Arbeit im Beruf sehr erleichterte, jedoch noch immer viel zu tun gab in Sachen Kreativität, Nachdenken und Umsetzung. Auch Photoshop gehörte dazu. Meine Malerei die ich 2012 begann, habe ich mir ebenso hart erarbeitet.
Seit 2022 stellt Generative KI eine ernste Bedrohung für all jene Kreativen dar, die ihr Handwerk mühsam erlernten und mit ihren geistig schöpferischen Umsetzungen ihren Lebensunterhalt verdienen, wie z.B. Grafiker, Illustratoren, Fotografen, Maler, Videokünstler. Generative KI kann eine Hilfe sein, wenn man sie entsprechend anwendet. Nicht aber wenn man das Endergebnis so nutzt dass o.g. Berufe überflüssig zu werden scheinen.
Um jedoch solche KI-Bilder zu erstellen mit KI-Systemen muss das Programm zunächst mit einer riesigen Fülle an fremdem Bildmaterial trainiert werden. Die interdisziplinäre Studie „Urheberrecht & Training generativer KI – technologische und rechtliche Grundlagen“ hat 2024 aufgedeckt, dass dies Urheberrechte verletzt:
Wie ein genauerer Blick auf die Technologie generativer KI-Modelle offenbart, ist das Training solcher Modelle kein Fall von Text- und Data-Mining. Es handelt sich um eine Urheberrechtsverletzung – dafür ist nach deutschem und europäischem Urheberrecht keine gültige Schranke in Sicht“,
so Prof. Dornis. Und weiter:
Diese Studie hat Sprengkraft, weil sie belegt, dass wir es hier mit einem groß angelegten Diebstahl am geistigen Eigentum zu tun haben.“
so Hanna Möllers, Justiziarin des DJV (siehe urheber.info/diskurs/ki-training-ist-urheberrechtsverletzung)
Die Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst e.V., wo ich seit rund 20 Jahren Mitglied bin, fordert eine Vergütung ihrer Künstler, für die unerlaubte Nutzung derer Bilddateien. Also eine finanzielle Entschädigung. Auch die Gema fordert Entschädigungen für die unerlaubte Nutzung von Musikdateien. Es ist also schon so, dass die bisherige Regelungen von KI-Kunst unterwandert werden.
Seit August 2024 ist der sogenannte EU KI Act (abrufbar im Internet) veröffentlicht. Worin das KI-Gesetz eine europäische Verordnung über künstliche Intelligenz definiert, die erste umfassende Verordnung über KI durch eine wichtige Regulierungsbehörde weltweit. Wichtig ist die Transparenzpflicht für Anbieter generativer KI-Systeme. Im AI Act heißt es dazu:
Die Anbieter von KI-Systemen, einschließlich KI-Systemen für allgemeine Zwecke, die synthetische Audio-, Bild-, Video- oder Textinhalte erzeugen, stellen sicher, dass die Ausgaben des KI-Systems in einem maschinenlesbaren Format gekennzeichnet sind und als künstlich erzeugt oder manipuliert erkannt werden können. (…)“
Hier sind die Anbieter der generativen KI-Tools gefragt. Sie müssen sicherstellen, dass von der KI erzeugte Inhalte technisch erkannt werden können. Tun sie das? Bislang noch nicht oder wenig. Bei dem Portal Art Heroes biete ich meine Bildkunst als Drucke an. Leider sind dort alle KI-Bilder auf dem Portal bislang nicht als KI gekennzeichnet, und somit keine Trennung zwischen Nicht-KI-Kunst und KI.
Ein klarer Wettbewerbsnachteil für alle diejenigen die nicht KI-Bilder anbieten. KI-Bilder sind mittlerweile beliebt und ein Massenphänomen geworden. Hobby-Künstler kreieren zigfache Bilddateien und bieten sie an, ohne dafür Geld und viel Zeit investiert zu haben. Ein Maler sitzt oft viele Stunden an seiner einzigartigen Arbeit (Unikat), ein Fotograf geht raus und sucht seine Motive oder fotografiert im Atelier, ein Illustrator skizziert Ideen und arbeitet sie aus.
All diese Tätigkeiten macht ein KI-Hobby-Künstler nicht, profitiert aber von der KI und dessen Umsetzungen in einer Art und Weise, die von Illegalen Machenschaften gespeist wird. Und letztlich auch nichts mehr mit Fotografie, Malerei oder Zeichnung zu tun hat. Kein wahrer Künstler möchte doch seine manuellen und geistigen Fertigkeiten gegen ein KI-Programm tauschen um per Knopfdruck in zig Sekunden eine Ergebnis zu erhalten? Oder? Ich jedenfalls nicht. Einzig um es mal ausprobiert haben wie es funktioniert oder als Inspirationsquelle!
Ich bin nicht grundsätzlich gegen generative KI, entscheidend für mich ist der Umgang damit. Leider findet viel Missbrauch statt indem auf Basis bestehender Bilder (data-mining) Künstler ausgenutzt werden und die selben Künstler verdienen mit ihrer Kunst nichts mehr, weil Möchtegern-Künstler ihre Werke zu Tausenden das Internet fluten. Ich bin für Reglementierung, Gesetze und Fairness.

Gründe warum ich KI-Kunst kritisiere:
- Es stellt mich überhaupt nicht zufrieden ein KI-Bild am PC generieren zu lassen, es ist regelrecht langweilig für mich. Aber ja ich hatte meine Flash-Momente wo ich staunte was generative KI alles kann. Allerdings auch sehr fehlerbehaftet.
- Ich möchte als wahre Künstlerin wahrgenommen werden, nicht als Jemand die das macht was Millionen andere im “Hausfrauenbereich” nun auch tun. Jeder kann damit umgehen, der willig dazu ist.
- Ein hohes Risiko besteht darin, dass der Markt mit KI-generierten Produkten überschwemmt wird und somit echte menschliche Kunstwerke an Sichtbarkeit, Findbarkeit und Wert verlieren. Zusätzlich kann generative KI zur Verdrängung bildender Künstler:innen auf wichtigen Plattformen führen.
- Generativer KI-Einsatz bedroht Arbeitsaufträge sowohl in kreativen und künstlerischen Berufen als auch im kunstvermittelnden Bereich. Aufgrund der engen Verflechtungen von Kunstproduktion, Kunstvermittlung und Kunsthandel ist so das gesamte Ökosystem bildende Kunst strukturell gefährdet. Ich solidarisiere mich fortan mit all meinen Kollegen (Grafiker, Fotografen, Illustratoren, Maler) im Kunstbereich, sei es frei oder kommerziell, deren Arbeit durch KI-Kunst gefährdet wird.
- Urheberrechtlich geschützte Werke von Künstlern werden als Trainingsdaten für generative KI-Modelle und Anwendungen verwendet. Es gibt keine Vergütung für diese Künstler die davon betroffen sind.
Ich nutze KI-Programm für bestimmte Zwecke, die durchaus in meinen Augen sinnvoll sind. Zum Beispiel um Layouts oder Ideen schnell zu visualisieren, aber die Umsetzung mache ich selbst. Das ist der große Unterschied zwischen KI-Möchtegernkünstlern und echten Künstlern: die Umsetzung. Bei ersten macht es der Computer per Knopfdruck, bei letzteren macht es ein Mensch mit Ideen, Gedanken und Seele. – Einen Unterschied sehe ich allerdings in der teilgenerierten Bilddatei, das ist ein Zwischending. Ich komme aber auch sehr gut ohne KI aus.
Ich habe bei der Studie „KI UND BILDENDE KUNST STUDIE ZU CHANCEN UND RISIKEN“ von der Initiative Urheberrecht im Jahr 2024 teilgenommen. Welche Auswirkungen KI-Kunst auf die Kunstszene, den Kunstmarkt und das gesamte Ökosystem bildende Kunst hat.
Lesenswerte Ergebnisse als 90-seitiges PDF: KF_Studie_KI_und_Bildende_Kunst.pdf
Der Hype ist nicht mehr aufzuhalten, wird abebben und leider normal werden für Kunstverkäufe. Jedoch muss noch viel reglementiert werden seitens Gesetzgebung. Sowie die Durchführung der neuen Regeln. Entscheidend ist der Umgang der Menschen mit den KI-Programmen die generative KI-Kunst erstellen, und da sehe ich leider keine guten Erkenntnisse. Es ist bereits ein billiges Massenprodukt geworden. Masse statt Klasse, seelenlos und ohne menschliche geistige Schöpfung.
Der Begriff „Kunst“ kommt von „Können“. Ein Kunstwerk entsteht durch das Können eines Menschen, nicht durch Textbefehle die ein Computer unkontrolliert verarbeitet.

Anja Semling ist 1966 in Freiburg geboren und im Kaiserstuhl aufgewachsen. Seit 2010 lebt die Künstlerin in Breisach am Rhein. Schon als Kind entwickelte sie eine große Leidenschaft für das Zeichnen und Malen, was sie zu ihrer Berufung als Grafikerin führte. Ihr Studium fokussierte sich auf manuelle Techniken, und nach ihrem Abschluss arbeitete sie viele Jahre in der Werbebranche sowie im Verlagswesen. Mit dem Aufkommen des Internets erweiterte sie ihre Fähigkeiten um Webdesign.
Seit 2012 widmet sie sich der freien bildenden Kunst, wobei sie ihren kreativen Prozess von traditionellen Methoden zur modernen Atelierarbeit verlagert hat. Besonders fasziniert hat sie Fluid Art, die es ihr ermöglicht, dynamische Werke zu schaffen und abstrakt-expressionistische Stile mit naturalistischen Motiven zu verbinden. Ihre Bilder zeigen oft Lebewesen, insbesondere Elefanten, deren Einzigartigkeit und Verletzlichkeit sie künstlerisch festhält. Zudem malt sie Porträts von Menschen mit dem Bestreben, tiefere Emotionen auszudrücken.
Ihre Arbeiten sind sowohl als Unikate als auch in Druckform erhältlich.