Ein hoher Geräuschpegel kann nicht nur das Wohlbefinden beeinträchtigen, sondern auch ernsthafte gesundheitliche Probleme wie Herzerkrankungen, Tinnitus und Schlafmangel verursachen. Deshalb ist es ein entscheidender Faktor, die Raumakustik zu optimieren, wenn man Gebäude plant; oft wird dieser Aspekt jedoch unterschätzt.
Die unterschiedlichen akustischen Anforderungen an verschiedene Raumnutzungen machen es unerlässlich, dass Architekten und Bauherren frühzeitig zusammenarbeiten. Die Fachkenntnis von Raumakustikern ist dabei ebenfalls entscheidend, um eine optimale akustische Gestaltung zu erreichen. Die Bauakustik hat die Aufgabe, sich eingehend mit den Schallbedingungen in Wohn- und Gewerbebauten zu befassen und die baulichen Strukturen so zu planen, dass diese Bedingungen optimiert werden.
Entgegen der gängigen Meinung umfasst die raumakustische Betrachtung jedoch weit mehr als nur die Optimierung der Nachhallzeiten. Architekten beeinflussen durch strategische Raumplanung gezielt, wie Schall reflektiert, absorbiert und diffundiert wird. Professionelle Akustiker sind eine enorme Hilfe, wenn es darum geht, Zeit zu sparen und ein zufriedenstellendes Ergebnis zu erzielen.
Warum Raumakustik frühzeitig geplant werden muss
In fast allen unbehandelten Räumen, sei es in Neubauten oder Altbauten, sind akustische Probleme zu finden. Um den langfristigen Erfolg eines Bauprojekts zu sichern, ist es entscheidend, die Raumakustik frühzeitig zu planen.
Akustik als Teil der Raumwahrnehmung
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Unser Hörempfinden in einem Raum wird stark durch dessen Akustik beeinflusst. Mit rund 25.000 Sinnes-Haarzellen können unsere Ohren etwa 50 Eindrücke pro Sekunde verarbeiten, was doppelt so viel ist wie das Auge. Außerdem sind sie in der Lage, etwa 400.000 unterschiedliche Töne fein zu unterscheiden. Trotz der höheren Leistungsfähigkeit unserer Ohren im Vergleich zu unseren Augen wird in der Architektur weiterhin mehr Wert auf das Visuelle als auf das Aural gelegt.
Die Raumgeometrie und reflektierende Flächen wie Sichtbeton oder Glas bestimmen die Halligkeit eines Raumes. Diese Form der Wahrnehmung, die man auch Hörsamkeit nennt, hat einen direkten Einfluss darauf, wie wir einen Raum erleben und nutzen können.
Folgen mangelhafter Akustik für Nutzer und Bauherren
Forschungsergebnisse belegen, dass selbst geringfügige, aber dauerhaft vorhandene Schallpegel Kopfschmerzen, Müdigkeit, Konzentrationsprobleme, Stress, Angstzustände und im schlimmsten Fall Depressionen verursachen können. In Extremfällen kann sogar das Gehör Schäden davontragen.
In Büros ist Lärm ein erheblicher Störfaktor, der die Leistungsfähigkeit mindert und bei wissensintensiver Arbeit die Fehlerhäufigkeit erhöht.
Eine geringe Sprachverständlichkeit ist der Grund, warum Menschen sich lauter unterhalten müssen; Dies erhöht den Gesamtlärmpegel und führt zu einer negativen Spirale.
In Schulen liegen die Schallpegel oft über 85 dB(A) – ein Niveau, bei dem man eigentlich Gehörschutz tragen sollte. In Restaurants ist es oft so, dass eine mäßige Akustik der Grund dafür ist, dass Gäste das Lokal vorzeitig verlassen.
Warum eine nachträgliche Optimierung der Akustik nicht sinnvoll ist
Bauliche Maßnahmen zur Reduzierung der Nachhallzeit sind oft kostspielig und knifflig in der Umsetzung, wenn man sie nachträglich plant. Daher sollte eine professionelle Akustikoptimierung von Anfang an eingeplant werden.
Das spielt besonders durch folgenden Umstand eine Rolle: Moderne Architektur setzt häufig auf schallharte Materialien wie Glas und Beton, welche hohe Schallreflektionen und Nachhallzeiten verursachen.
Die Vorteile einer frühzeitigen Akustikplanung liegen somit fast schon auf der Hand: Sie bewahrt vor ungewollten Kosten durch Nachbesserungen, erlaubt es, die Akustik in das Designkonzept einzubeziehen, und verbessert die effiziente Nutzung der Räume. Sinnvoll ist eine frühe Kommunikation zwischen Architekten, Bauherren und Akustikern, um gemeinsam die akustischen Anforderungen schon während des Planungsprozesses festzulegen.
Aufgabenverteilung: Wer übernimmt welche Rolle im Planungsprozess?
Die erfolgreiche Planung der Raumakustik ist das Ergebnis der Zusammenarbeit verschiedener Akteure. Eine klare Aufgaben- und Verantwortungsverteilung ist die Grundlage für ein optimales Ergebnis.
Aufgaben des Architekten in Bezug auf Akustik
Architekten legen grundlegende Entscheidungen zu Raumgeometrie, Abmessungen und Materialien fest, die unmittelbare Auswirkungen auf die akustische Qualität haben. Bereits in der Planungsphase ist es wünschenswert, dass Architekten Herausforderungen wie die übermäßige Verwendung von Glas oder die Schaffung offener, multifunktionaler Räume im Blick haben.
Dabei ist es jedoch nicht erforderlich, dass zu diesem Zeitpunkt die architektonische Grundform perfekt ist. Mit passenden Sekundärmaßnahmen lässt sich beinahe jede Primärstruktur akustisch funktionsfähig gestalten.
Wann ein Raumakustiker hinzugezogen werden sollte
Oft wird ein Bauphysik-Fachingenieur hinzugezogen, der sich um die Aspekte des Schallschutzes und der Raumakustik kümmert. Es ist ratsam, diese Fachleute schon in der frühen Planungsphase einzubeziehen. Gerade bei komplexen Bauvorhaben wie Auditorien oder Konzertsälen ist es entscheidend, sie frühzeitig einzubeziehen, weil dort viele unterschiedliche Anforderungen erfüllt werden müssen.
Austausch zwischen Architekt und Akustiker
Kommunikation und Dialog sind entscheidend, um die akustischen Anforderungen bereits im Planungsprozess gemeinsam festzulegen. Die Vergangenheit lehrt uns, dass die Kombination aus Fachwissen, Erfahrung und kontinuierlicher Kommunikation die besten Ergebnisse ermöglicht.
Verantwortung des Bauherrn bei akustischen Entscheidungen
Eine Hauptverantwortung im akustischen Planungsprozess liegt beim Bauherrn. Schon in der Planungsphase muss er die Lärmauswirkungen bewerten und spezifische Vorgaben in der Leistungsbeschreibung festlegen. Er sollte auch frühzeitig den Kontakt zu den zuständigen Behörden suchen, wenn schädliche Umwelteinwirkungen nicht ausgeschlossen werden können.
Technische Grundlagen für eine erfolgreiche Zusammenarbeit
Eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Architekten und Bauherren setzt voraus, dass sie die technischen Grundlagen der Raumakustik gemeinsam verstehen. Dank dieses Wissens sind fundierte Entscheidungen möglich und es werden kostspielige Korrekturen nach Abschluss der Arbeiten vermieden.
Grundbegriffe: Nachhallzeit, Schallfortpflanzung, Frequenz
Die zentrale Kennzahl der Raumakustik ist die Nachhallzeit; sie wird in Sekunden gemessen. Sie gibt an, wie lange es dauert, bis der Schalldruckpegel in einem Raum um 60 dB gesunken ist. Ursprünglich vom amerikanischen Physiker Wallace Clement Sabine entwickelt, wird sie mit der Formel T = 0,163 × V/A berechnet. Dabei steht V für das Raumvolumen in m³ und A für die äquivalente Schallabsorptionsfläche in m².
Schall breitet sich zuerst als Direktschall aus, gefolgt von frühen Reflexionen von den Wänden, die wiederum reflektiert und gedämpft werden. Es ist erstaunlich, dass Schall in dichteren Materialien schneller reist als in der Luft.
Die Frequenzen legen die Tonhöhe fest – bei niedrigen Frequenzen hört man tiefe Töne, während hohe Töne bei hohen Frequenzen entstehen. Die Effektivität akustischer Maßnahmen variiert stark mit der Frequenz.
Werkstoffe und ihre akustischen Eigenschaften
In der Werkstoffkunde unterscheidet man zwischen:
- Poröse Absorber wie Teppiche, Dämmstoffe oder Vorhänge: Sie reduzieren besonders mittel- und hochfrequenten Schall.
- Resonanzabsorber wie Gipskartonplatten: Sie schwingen mit und absorbieren somit tieffrequenten Schall.
- Helmholtz-Resonatoren: Sie nutzen die Anregung von Luftmassen durch Schlitze oder Löcher.
Der Schallabsorptionsgrad α zeigt, wie gut ein Material Schall absorbiert; er kann Werte zwischen 0 (vollständige Reflexion) und 1 (komplette Absorption) annehmen.
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Verständnis von Lärm und akustischen Defekten im Raum
Um die Probleme mit der Akustik zu begreifen, ist es notwendig, zwischen zwei Hauptkategorien von Lärm und Defekten zu unterscheiden:
- Luftschall: Breitet sich durch Druckwellen in der Luft aus. Im Innenraum zeigt er sich vor allem als Nachhall oder übermäßige Nachhallzeit.
- Körperschall: Wird direkt durch feste Bauelemente in Form von Vibrationen übertragen. Es geht um die Übertragung von Energie von einer Stelle der Konstruktion zur anderen, wo sie sich wieder als Schall in der Luft äußert.
Einen direkten Vergleich zwischen guter und schlechter Raumakustik am Beispiel eines Büros liefert uns RUHIG Schalldämmung in folgendem Video:
Simulationen und 3D-Planung als gemeinsame Basis
Vor dem Bau lässt sich mittels 3D-Akustiksimulation herausfinden, wie sich der Schall ausbreiten wird. Ein gründliches 3D-Modell des Raums sollte den Ausgangspunkt bilden. Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, dies zu tun, einschließlich statistischer Modelle, Strahlverfolgung und sogar komplizierter Finite-Elemente-Methoden.
Typische Fehler bei der Materialwahl vermeiden
Ein häufiges Problem ist, dass verschiedene Frequenzbänder nicht gleichmäßig absorbiert werden. Wenn die Nachhallzeit in allen Frequenzbändern nicht gleich bleibt, kann die Akustik schlecht werden. Außerdem kann das Platzieren von Absorbern an der falschen Stelle zu weniger als idealen Ergebnissen führen.
Zum Beispiel sollten in Hörsälen Absorber nicht an der Decke oder hinter dem Lautsprecher angebracht werden.
Die Schaffung einer idealen Raumakustik sollte strategisch erfolgen
Die ideale Raumakustik wird durch eine Kombination zweier komplementärer Prinzipien erreicht: Schallabsorption und Schalldämmung.
- Schallabsorption konzentriert sich auf die Reduktion der Schallenergie im Rauminneren, verkürzt die Nachhallzeit und minimiert den Nachhall.
- Schalldämmung zielt darauf ab, die Schallübertragung von einem Raum in den anderen durch geeignete Baukonstruktionen zu verhindern.
Eine effektive Schalldämmung der Wand wird durch die Erhöhung ihrer Flächenmasse und den Einsatz mehrschichtiger Konstruktionen erreicht. Kritische Stellen für die Schallübertragung sind Öffnungen und Fugen in Wänden, wie Türen, Fenster, Steckdosen oder Rohrdurchführungen. Um ihre Wirksamkeit zu steigern, ist es notwendig, akustische Versionen mit höherer bewerteter Schalldämmung einzusetzen, spezielle akustische Türen und Abdichtungen zu verwenden und alle Rohr- und Kabeldurchführungen zu isolieren.
Die Umsetzung dieser Prinzipien ermöglicht es, problematische Räume in akustisch angenehme Umgebungen zu verwandeln. Die Investition in eine geeignete akustische Lösung betrifft daher nicht nur Komfort, sondern auch die Verbesserung der Funktionalität des Raumes und der Lebensqualität seiner Nutzer. Wählen Sie also richtig.
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Best Practices aus der Praxis
Die besten Beweise für die erfolgreiche Umsetzung akustischer Konzepte sind konkrete Beispiele. Sie zeigen, wie man Theorie in der Praxis erfolgreich umsetzt.
Beispiel 1: multifunktionaler Konferenzraum
Moderne Konferenzzentren sollten alle möglichen Veranstaltungsformate berücksichtigen. Ein elektroakustisches System, das mit einem einfachen Knopfdruck verschiedene Raumakustiken schafft, wurde im Kongresszentrum VILCO in Bad Vilbel eingebaut.
Ein eindrucksvoller Effekt: Die MAKUSTIK FeinMikro-Paneele mit 467.000 Löchern pro Quadratmeter ermöglichen eine außergewöhnlich hohe Schallabsorption. Mit dem „Voice Lift“-Verfahren ist es möglich, dass Redner ohne Mikrofon auftreten, während elektronischer Nachhall für Musikdarbietungen hinzugefügt werden kann.
Beispiel 2: Schulbau mit schallgeschützten Zonen
Die Elbschule für Kinder mit Hörschädigung ist ein hervorragendes Beispiel für eine barrierefreie Raumakustik. Neue Schulkonzepte bringen besondere Herausforderungen mit sich: Offene Lernlandschaften brauchen neue Lösungen für die akustische Gestaltung. Die Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft hat im Jahr 2023 einen 120-seitigen Leitfaden herausgebracht, der konkrete Vorschläge für Cluster und offene Lernräume macht.
Beispiel 3: Wohnhaus mit Heimkino
Heimkinos erfordern eine ausgewogene Beziehung zwischen Wohnambiente und optimaler Akustik. Eckabsorber sind eine effektive Lösung zur Bekämpfung von Frequenzen unter 100 Hz. Akustikbilder, die auch als dekorative Elemente fungieren, sind ideal für Erstreflexionen. Ein hochfloriger Teppichboden nimmt Hochtonfrequenzen auf und schafft gleichzeitig eine gemütliche Kinoatmosphäre.
Was alle erfolgreichen Projekte gemeinsam haben
Die erfolgreiche Umsetzung von Projekten hängt oft von einer frühzeitigen akustischen Planung ab. Ein Beispiel: In Dubai wurden bei einem Projekt Akustikpaneele aus Alpenheu mit einer Nachhallzeit von αw = 0,85 nach DIN ISO EN 354 in das Designkonzept eingebaut.
Im Konzerthaus Blaibach kommt Glasschaumschotterbeton zum Einsatz, der ausgezeichnete Dämmwerte und überraschend gute akustische Eigenschaften aufweist.
Letztendlich ist die Zusammenarbeit zwischen Architekten, Akustikern und Bauherren entscheidend, um die technischen Anforderungen mit den ästhetischen Ansprüchen zu vereinen.
Fassen wir zusammen
Festzuhalten ist, dass die Verbesserung der Raumakustik ein komplexer Prozess ist, der die Zusammenarbeit verschiedener Fachleute voraussetzt. Für optimale Ergebnisse sollten Architekten, Bauherren und Akustikexperten frühzeitig in einen fachlichen Austausch gehen.
Es ist entscheidend, die akustische Planung von Anfang an zu berücksichtigen. Korrekturen im Nachhinein sind nicht nur teuer, sondern oft auch schwierig zu realisieren.
Die Auswahl der Materialien und deren strategische Anordnung sind von immenser Bedeutung. Selbst wenn die Nachhallzeit rechnerisch korrekt ist, können unausgewogene Absorption und unterschiedliche Frequenzen zu unbefriedigenden Ergebnissen führen.
Unterschiedliche Nutzungsanforderungen erfordern individuelle Lösungsansätze. Das haben die aufgeführten Praxisbeispiele gezeigt. Während ein Konferenzzentrum variable akustische Bedingungen braucht, warten Schulbauten mit offenen Lernlandschaften mit anderen Herausforderungen auf.
Dennoch existieren gemeinsame Erfolgsfaktoren: Planung in der frühen Phase, Zusammenarbeit über Fachgrenzen hinweg und das Finden eines Gleichgewichts zwischen technischen Anforderungen und ästhetischen Ansprüchen.
Zusammenfassend ist eine erfolgreiche Raumakustik weit mehr als nur ein angenehmes Hören; Sie bewahrt die Gesundheit der Nutzer, erhöht ihr Wohlbefinden und verbessert erheblich die funktionale Qualität von Räumen. Der Schlüssel dazu ist der Dialog zwischen allen Beteiligten – je früher er beginnt, desto besser wird das Endergebnis.
Quellen, fachliche Unterstützung und weiterführende Informationen:
- Baunetz Wissen: Raumakustik: Halligkeit, Nachhallzeit und Schallabsorption, https://www.baunetzwissen.de/bauphysik/fachwissen/schallschutz/raumakustik-halligkeit-nachhallzeit-und-schallabsorption-4407257
- Akustik & Raum AG: Neuigkeiten von Akustik & Raum auf einen Blick, https://www.akustik-raum.com/de/blog
- A-Phys: Raumakustik, https://www.a-phys.de/raumakustik/
- modulyss: Einführung in die Bau- und Raumakustik – Fragen & Antworten, https://modulyss.com/de-DE/einfuhrung-in-die-bau-und-raumakustik-fragen-%26-antworten
- Akustikkunst: Raumakustische Grundlagen, https://www.akustikkunst.de/raumakustik/raumakustische-grundlagen.html
- GUSTAFS: Better Acoustic Environments in Schools – 5 Tips That Make a Difference, https://gustafs.com/stories/5-envisonmental-tips-that-make-a-difference/
Inhaber und Geschäftsführer von Kunstplaza. Publizist, Redakteur und passionierter Blogger im Bereich Kunst, Design und Kreativität seit 2011. Erfolgreicher Abschluss in Webdesign im Rahmen eines Hochschulstudiums (2008). Weiterentwicklung von Kreativitätstechniken durch Kurse in Freiem Zeichnen, Ausdrucksmalen und Theatre/Acting. Profunde Kenntnisse des Kunstmarktes durch langjährige journalistische Recherchen und zahlreichen Kooperationen mit Akteuren/Institutionen aus Kunst und Kultur.