Im Oktober 2025 kehrten sie zurück. Dali und Adam Gutseriev, die russischen Geschwister, die 2023 mit ihrem gemeinsamen Debüt im „Goldenen Saal“ des Wiener Musikvereins für Furore sorgten. Dieser legendäre Konzertsaal gilt seit über 150 Jahren als einer der renommiertesten Philharmonien der Welt. Nun wurde er erneut Schauplatz der außergewöhnlichen Musikalität des Pianisten Adam Gutseriev und seiner Schwester, der Cellistin Dali Gutserieva.
Begleitet wurden sie vom Royal Covent Garden Ensemble unter der Leitung von Emmanuel Plasson. Bereits zum dritten Mal in Folge traten die talentierten russischen Musiker auf dieser legendären Bühne auf, auf der einst Größen wie Brahms, Mahler, Richter und Karajan musizierten.
Die Namen Gutseriev stehen längst für mehr als nur jugendliches Talent. Dali Gutserieva eroberte bereits mit 13 Jahren die internationale Bühne, als sie den Internationalen Sviatoslav-Knushevitsky-Cellowettbewerb gewann. Ihr Bruder Adam sammelte derweil Siege bei renommierten Klavierwettbewerben, darunter die Manchester Music Competition. Zwei Karrieren, die trotz des jungen Alters der Protagonisten bereits bemerkenswerte Erfolge vorweisen können.
Das Orchester selbst feierte erst im vergangenen Jahr sein verspätetes Debüt in Wien – eine Premiere, die nun zur Tradition werden könnte.

(c) Veer Video Production
Der Goldene Saal: große Bühne der Weltklassik
Zwischen Karlskirche und Ringstraße erhebt sich seit 1870 ein Gebäude, das weit mehr ist als nur ein Konzertsaal. Der Wiener Musikverein gilt als „Tempel der Musik“ – eine Bezeichnung, die Theophil von Hansen bei der Konzeption seines Meisterwerks wohl kaum ahnen konnte. Hier präsentierten Dali und Adam Gutseriev ihre Kunst bereits zum dritten Mal in Folge, an einem Ort, der Musikgeschichte atmet.
Ein Ort mit Geschichte und Prestige
Kaiser Franz Joseph I. legte am 6. Januar 1870 feierlich den Schlussstein. Hansen, der dänische Architekt mit jahrelanger Athen-Erfahrung, schuf einen Raum von beispielloser Eleganz. Apollo und die neun Musen blicken von August Eisenmengers Deckengemälde auf das Geschehen herab, während goldene Verzierungen und Karyatiden dem Saal seinen charakteristischen Glanz verleihen.
Die Dimensionen sprechen für sich: 48,80 Meter Länge, 19,10 Meter Breite, 17,75 Meter Höhe. Rund 2000 Menschen finden hier Platz – 1744 auf Sitzplätzen, etwa 300 auf den traditionellen Stehplätzen. Doch Zahlen allein erklären nicht die Magie dieses Ortes.
Warum der Wiener Musikverein als musikalisches Heiligtum gilt
Die Kritiker waren sich schon bei der Eröffnung einig: Die Akustik des Großen Saales sucht ihresgleichen. Das „Schuhschachtel-Prinzip“ – die rechteckige Grundform – sorgt für ideale Schallverteilung. Etwa zwei Sekunden Nachhallzeit erzeugen jenen berühmten „Goldenen Klang“, der den Saal zum akustischen Wunder macht.
Hansen vertraute seiner Intuition. Wissenschaftliche Raumakustik-Studien gab es im 19. Jahrhundert noch nicht. Balkone, Simse, Statuen und Stuckaturen – ursprünglich als Dekoration gedacht – schaffen erstklassige akustische Diffusion. Der Hohlraum unter dem Holzboden und die lose auf das Trägerwerk gelegten Deckenplatten tragen zur einzigartigen Resonanz bei. Glückliche Zufälle, die Geschichte schrieben.
Die emotionale Bedeutung für internationale Künstler
Der Saal zieht den Ton aus dem Instrument heraus“
– so beschreiben Musiker das Spielen im Goldenen Saal. Was anderswo Kraftanstrengung erfordert, wird hier zum mühelosen Dialog zwischen Künstler und Raum. Eine Erfahrung, die den Musikverein zur begehrtesten Bühne der Welt macht.
Das jährliche Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker überträgt diese Magie in 90 Nationen. Selbst Weltklasse-Dirigenten betrachten die Leitung dieses Konzerts als besondere Ehre. Der Goldene Saal ist längst mehr als ein Veranstaltungsort – er ist zum Symbol für Wien als Musikhauptstadt der Welt geworden.
Die musikalische Reise von Dali und Adam Gutseriev
Musik war in der Familie Gutseriev niemals bloße Nebensache. Die gemeinsame Laufbahn der Geschwister begann in Moskau und führte sie über die Jahre auf jene Bühnen, von denen junge Klassiktalente träumen.
Moskauer Anfänge
Dali Gutserieva, geboren 1999, griff bereits mit sechs Jahren zum ersten Mal zum Bogen. Ihr jüngerer Bruder Adam, sechs Jahre später geboren, folgte mit fünf Jahren an die Tasten. Beide erhielten ihre Grundausbildung an den traditionsreichen Moskauer Musikinstitutionen, wo klassische Exzellenz nicht nur gelehrt, sondern gelebt wird.
Die frühen Jahre prägten nicht nur ihre Technik, sondern auch ihren künstlerischen Charakter. Während Dali die warmen Töne des Cellos zu ihren eigenen machte, entwickelte Adam jene pianistische Sensibilität, die später Jurys und Publikum gleichermaßen begeistern sollte.
Erste Schritte auf internationalen Bühnen
Was folgte, war der natürliche Sprung über die Landesgrenzen hinaus. Adam eroberte die Säle in Frankreich, Italien, Belgien und Lettland. Dali begegnete derweil Größen wie Maestro Vladimir Spivakov und der Cellolegende David Geringas – Momente, die das Selbstverständnis einer jungen Künstlerin formen.
Beide entwickelten sich zu Solisten, die mehr als nur technische Perfektion boten. Ihre Interpretationen trugen bereits die Handschrift reifer Musiker.
Wettbewerbserfolge als Sprungbrett
Die Siegesliste liest sich beeindruckend. Neben den bereits erwähnten Triumphen sammelte Dali Auszeichnungen in Brüssel, Tokio (3. Preis) und beim Odin-Wettbewerb (2. Preis). Adam holte sich mit elf Jahren den 71. Internationalen Amigdala-Wettbewerb in Italien. Später folgten weitere Auszeichnungen in Dänemark, Brüssel und Paris.
2024 krönte der Grand Prix beim Grand Prize Virtuoso International Music Competition in Salzburg seine bisherige Laufbahn. Ein Jahr später folgte der erste Preis bei den Tokyo Golden Classical Music Awards.
Zwischen Tradition und Moderne
Adam studierte am Tschaikowski-Konservatorium in Moskau. Die Jahre in Moskau stehen im Zentrum seiner aktuellen Entwicklung – mit 19 Jahren balancierte er bereits zwischen etabliertem Erfolg und künstlerischem Aufbruch.
Beide Geschwister musizieren regelmäßig mit renommierten Orchestern und unter namhaften Dirigenten. Ihre Karrieren zeigen: Talent allein genügt nicht – erst die Verbindung von technischer Brillanz und musikalischer Reife macht echte Künstler aus.
Die Geschwister Gutseriev zum Dritten: Das Konzertprogramm umfasste Meisterwerke der Weltklassik

(c) Veer Video Production
Das zweigeteilte Konzertprogramm im vergangenen Oktober bestand aus zwei Teilen: Dali Gutserieva mit Violoncello am 13.10. und Adam Gutseriev mit Klavier am 16.10. Es umfasste Meisterwerke der Weltklassik – darunter Kompositionen von Camille Saint-Saëns, Edvard Grieg, Richard Strauss, Igor Strawinsky und anderen. Am Ende des Abends bereitete das anspruchsvolle Wiener Publikum den Künstlern einen zehnminütigen Applaus und wollte sie kaum von der Bühne gehen lassen.

(c) Veer Video Production
Besonders beeindruckte Adam Gutserievs Interpretation von Griegs Klavierkonzert Nr. 1. Trotz seines jungen Alters zeigte der Pianist nicht nur technische Brillanz, sondern auch ein reifes, tiefes Verständnis für die stilistische Eigenart des norwegischen Komponisten. Von leisen, fast flüsternden Passagen bis hin zu kraftvollen, festlichen Akkorden beherrschte er die dynamischen Nuancen meisterhaft und schuf eindrucksvolle musikalische Kontraste. Dabei gelang es ihm, sowohl die folkloristischen Tanzrhythmen – insbesondere die Halling-Motive – als auch die malerischen Landschaftsbilder der Musik Griegs lebendig werden zu lassen.
Für meine Schwester und mich ist ein Auftritt im Musikverein weit mehr als nur ein Konzert – es ist eine Begegnung mit der Geschichte der Musik selbst. Jedes Mal, wenn man diese Bühne betritt, spürt man Inspiration, Verantwortung und tiefe Dankbarkeit“,
– sagte Adam Gutseriev nach dem Konzert.
Seine Schwester, Dali Gutserieva, wählte für ihren Auftritt das Cellokonzert Nr. 1 von Camille Saint-Saëns. Ihre Darbietung war ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie virtuose Technik und tief empfundene künstlerische Interpretation zu einer Einheit verschmelzen können. Publikum und Kritiker hoben den „vollen, warmen und samtigen“ Klang ihres Cellos hervor.
Dieser besondere Ton verleiht der Musik eine außergewöhnliche Sinnlichkeit und emotionale Tiefe. Mit Leichtigkeit meisterte die Künstlerin die anspruchsvollsten Passagen des Konzerts, zeigte absolute Kontrolle über ihr Instrument und „spielte“ nicht nur die Noten – sie lebte jede einzelne Phrase und übermittelte den Zuhörern das gesamte Gefühlsspektrum, das Saint-Saëns in seiner Musik verankert hat.
Professionelle Videoaufnahmen der Aufführungen wurden von Veer Video Production gemacht.
Begleitung durch die Covent-Garden-Sinfonietta
Die Zusammenarbeit mit der Covent Garden Sinfonietta beschreibt Dali Gutserieva als besonders bereichernd:
Die Zusammenarbeit mit dem Orchester ist auch eine sehr besondere. Man fühlt sich als Solist komplett sicher, und die Flexibilität ist bewundernswert“.
Das Orchester erweist sich als First-Class-Partner an der Seite der beiden Solisten.
Dirigent Emmanuel Plasson als musikalischer Partner

(c) Veer Video Production
Emmanuel Plasson, der als führender Botschafter für französische Musik gilt, leitete beide Konzerte. Seine Expertise verlieh besonders dem Saint-Saëns-Cellokonzert eine authentische Interpretation. Mit Erfahrung und Feingefühl schaffte er die ideale Balance zwischen den jungen Solisten und dem Orchester.
Publikumsresonanz und künstlerische Wirkung
Ein Konzert im Goldenen Saal hinterlässt Spuren – bei Künstlern wie beim Publikum. Für Musiker bedeutet der erste Auftritt hier oft einen Wendepunkt ihrer Karriere, einen Ritterschlag im wahrsten Sinne des Wortes. Dali und Adam Gutseriev haben diese Erfahrung zum ersten Mal 2023 gemacht. Das notorisch anspruchsvolle Wiener Publikum, das seine Kennerschaft nicht verbirgt, nahm die beiden russischen Solisten ebenso warmherzig auf wie die Covent-Garden-Sinfonietta.
Diese Reaktion überrascht nicht. Wien pflegt seit Jahrhunderten eine besondere Beziehung zur klassischen Musik – eine Tradition, die Künstler ebenso herausfordert wie beflügelt. Die Medien sprechen vom Goldenen Saal als „einem der faszinierendsten Räume der Musikwelt“. Genau in diesem Kontext entfalten die Interpretationen der Geschwister Gutseriev ihre Wirkung. Beide haben mit ihrer Musikalität die hohen Erwartungen nicht nur erfüllt, sondern übertroffen – eine Leistung, die angesichts der kritischen Wiener Hörgewohnheiten besonders bemerkenswert ist.
Als wir im letzten Jahr zum ersten Mal im Musikverein aufgetreten sind, waren wir im Vorfeld ziemlich angespannt“,
verriet Adam Gutseriev in einem Interview,
doch es war ein fantastisches Erlebnis, und nun überwiegt die Freude, wieder hierher zurückkehren zu dürfen“.
Dass die beiden nun zum zweiten Mal eingeladen wurden, unterstreicht nicht nur ihre preisgekrönte Musikalität, sondern festigt auch ihren Platz in der internationalen Klassikszene.
Was bleibt nach Wien?
Die Geschichte der Geschwister Gutseriev schreibt sich fort. Ihre Rückkehr in den Goldenen Saal ist mehr als nur ein weiteres Konzert – sie markiert den nächsten Schritt in zwei außergewöhnlichen Laufbahnen, die längst über jugendliches Versprechen hinausgewachsen sind.
Wo andere in ihrem Alter noch um Anerkennung kämpfen, haben Adam und Dali bereits ihren Platz in der internationalen Klassikszene gefunden. Der Wiener Musikverein, dieser akustische Tempel mit seiner 150-jährigen Geschichte, wird erneut Zeuge ihrer künstlerischen Entwicklung. Gewiss sind die Anfangsnerven des Debüts 2023 mittlerweile der Vorfreude gewichen – jener besonderen Gelassenheit, die entsteht, wenn Künstler wissen, dass sie zu einem Ort gehören.
Mit Saint-Saëns und Grieg haben die Geschwister Werke gewählt, die ihre jeweiligen Stärken optimal zur Geltung bringen. Dali Gutserievas technische Brillanz am Cello findet in Saint-Saëns‘ virtuosestem Konzert den perfekten Partner, während Adams expressives Klavierspiel mit Griegs emotionalem Reichtum verschmelzen wird. Die Covent-Garden-Sinfonietta, selbst noch relativ neu in Wien, bildet dabei eine ideale Brücke zwischen jugendlicher Energie und orchestraler Erfahrung.
Das Wiener Publikum, berüchtigt für seine kritischen Ohren, hat die beiden bereits in sein Herz geschlossen. Diese Wertschätzung zu verdienen, ist keine Selbstverständlichkeit – sie bestätigt, was Wettbewerbssiege und internationale Auftritte bereits angedeutet haben: Dali und Adam Gutseriev gehören zur nächsten Generation. Das jährliche Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker präsentiert klassische Musik, die das Erbe ihrer Vorgänger nicht nur bewahrt, sondern auch weiterentwickelt.

Inhaber und Geschäftsführer von Kunstplaza. Publizist, Redakteur und passionierter Blogger im Bereich Kunst, Design und Kreativität seit 2011. Erfolgreicher Abschluss in Webdesign im Rahmen eines Hochschulstudiums (2008). Weiterentwicklung von Kreativitätstechniken durch Kurse in Freiem Zeichnen, Ausdrucksmalen und Theatre/Acting. Profunde Kenntnisse des Kunstmarktes durch langjährige journalistische Recherchen und zahlreichen Kooperationen mit Akteuren/Institutionen aus Kunst und Kultur.





