Die Stilepoche der Goldenen Zwanziger und zeitgenössisches Schmuckdesign bilden eine faszinierende Schnittstelle. Art Déco (ca. 1920–1935) gilt als die vielleicht einflussreichste Epoche für das Design von Verlobungsringen. Was wir heute als den „klassischen, glamourösen“ Verlobungsring empfinden, wurde maßgeblich in dieser Zeit definiert.
Dazu passt der Umstand, dass in den letzten Jahren die Nachfrage nach Art-Déco-Verlobungsringen wieder deutlich gestiegen ist. Dieser Trend wird durch den Wunsch nach Einzigartigkeit und Individualität in einer Zeit geprägt, in der Massenproduktion den Schmuckmarkt dominiert. Paare von heute suchen Verlobungsringe, die herausstechen – Ringe, die eine Geschichte erzählen und ihren persönlichen Stil widerspiegeln.
Art Déco als Kunstepoche war eine direkte Reaktion auf den fließenden, organischen Jugendstil (Art Nouveau). Er wollte Modernität, Technologie und Luxus ausstrahlen. Mit seinen kühnen geometrischen Formen und reichen Farben symbolisiert die Stilepoche eine Ära des Glamours und der Raffinesse.
Schnittpunkte und Merkmale des Art-Déco-Schmuckdesigns
Das Art-Déco-Schmuckdesign bezeichnet einen unverwechselbaren Stil, der in den 1920er- und 1930er-Jahren entstand. Dieser Stil wurde von den modernistischen Bewegungen jener Zeit sowie vom industriellen Zeitalter beeinflusst, das neue Materialien und Techniken in den Vordergrund des Designs rückte.
Durch die Verbindung dieser klassischen Elemente mit zeitgenössischer Ästhetik und fortschrittlicher Handwerkskunst entstehen Verlobungsringe, die sowohl einzigartig als auch robust sind. Sie vereinen das zeitlose Design vergangener Zeiten mit der Haltbarkeit und Innovationskraft moderner Gestaltung.
Bei Verlobungsringen zeigen sich bis heute Berührungspunkte in diesen vier zentralen Bereichen:
A. Geometrie statt Romantik
Während frühere Epochen auf Blumen und Schnörkel setzten, ist der Art-Déco-Ring architektonisch geprägt. Art-Déco-Designs zeichnen sich häufig durch starke geometrische Formen wie Kreise, Quadrate, Rechtecke und Dreiecke aus. Diese Formen sind meist in symmetrischen und ausgewogenen Kompositionen angeordnet.
Häufige Motive sind Sonnenstrahlen, Zickzacklinien, Chevron-Muster und abgestufte Formen. Diese Muster spiegeln den Einfluss zeitgenössischer Kunstbewegungen wider sowie denjenigen der altägyptischen und aztekischen Kunst, die während der Art-Déco-Ära eine Wiederbelebung erfuhren.
Formensprache: klare Linien, Symmetrie, Treppenformen (Ziggurat-Motive) und strenge geometrische Rahmen (Hexagone, Oktagone).
Der „Halo“ erfindet sich neu: Ein zentraler Stein wird nicht einfach umrundet, sondern in einen geometrischen Rahmen aus kleineren Steinen („Target“-Design) gesetzt.
B. Der Siegeszug des Platins
Art Déco ist die Ära des Platins. Neue Schmelztechniken ermöglichten die Verarbeitung dieses harten, weißen Metalls. Platin erlaubte feinere Fassungen als Gold oder Silber. Man konnte filigrane „Spitzen“ aus Metall sägen, die wie Stickerei aussahen, aber stabil genug für den Alltag waren.
Der Ring wurde „industrieller“ und robuster, aber gleichzeitig filigraner.
C. Revolution der Schliffe (Cuts)
Der Schliff der Diamanten passte sich der Architektur an. Step Cuts (Treppenschliffe): Smaragd-Schliff (Emerald Cut), Asscher-Schliff und Baguette-Diamanten wurden populär. Diese Schliffe funkeln weniger („weniger Feuer“), wirken aber wie klare Eisspiegel („mehr Brillanz“) und betonen die Geometrie.
Kalibrierte Steine wurden zum Maß der Dinge: Kleine Edelsteine wurden speziell geschliffen, um lückenlos in die Metallkanäle zu passen – ein technisches Meisterwerk dieser Zeit.

Foto von Chad Populis @cslimm17, via Unsplash
D. Mut zum Kontrast
Art Déco ist nicht schüchtern. Die Verwendung lebendiger, kontrastierender Farben ist ein Markenzeichen des Art-Déco-Schmuckdesigns. Leuchtend farbige Edelsteine wie Rubine, Smaragde und Saphire werden oft mit funkelnden weißen Diamanten kombiniert. Ein massiver Berührungspunkt ist die Verwendung von Farbsteinen als Akzent (nicht nur als Hauptstein).
Typisch: ein Diamant, umringt von blauen Saphiren, schwarzem Onyx oder grünen Smaragden, um einen grafischen Schwarz-Weiß- oder Farbkontrast zu erzeugen.
Berühmte Beispiele von Verlobungsringen im Art-Déco-Stil
Der Stil ist so ikonisch, dass sowohl historische Originale als auch moderne Interpretationen medial Berühmtheit erlangt haben.
- Wallis Simpson (Herzogin von Windsor): Ihr Verlobungsring von Cartier ist das ultimative Art-Déco-Beispiel. Ein massiver 19,77-Karat-Smaragd (Emerald Cut) in einer Platinfassung. Er brach mit der Tradition des Diamanten und setzte auf pure Farbe und Geometrie.
- Pippa Middleton (Moderne Interpretation): einer der berühmtesten Ringe der jüngeren Geschichte. Er ist nicht antik, aber ein perfektes Beispiel für Art Déco Revival. Ein Asscher-Cut-Diamant, umgeben von einem achteckigen Halo. Er wirkt flach, geometrisch und absolut im Stil der 20er Jahre.
- Mary-Kate Olsen: Sie trägt einen echten Vintage-Ring von Cartier (ca. 1953, aber im späten Art-Déco-Stil). Er zeigt die typische „Target“-Form: Ein zentraler Diamant, umgeben von einem Kranz aus Saphiren und weiteren Diamanten in einer Art Blütenform, aber mit geometrischer Strenge.
- Elizabeth Taylor (Der Krupp-Diamant): Zwar kein Verlobungsring im klassischen Sinne (sondern ein Geschenk von Richard Burton), aber der 33-Karat Asscher-Cut ist der Inbegriff der Art-Déco-Ästhetik: riesig, treppenförmig geschliffen, architektonisch.
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Zeitgenössisches Design: Wie der Stil heute lebt
Schmuckdesigner kopieren Art Déco heute selten 1:1, sondern „zitieren“ ihn. Kunsthandwerker haben selbstverständlich meist eine eigene, individuelle Herangehensweise und sind von unterschiedlichen Dingen beeinflusst und inspiriert. Jedoch zeichnen sich bei näherer Betrachtung drei wesentliche Einflussgrößen ab, die dominant sind.
- Technik-Wandel (CAD vs. Handarbeit): Originale Art-Déco-Ringe wurden von Hand gesägt. Heute wird diese Optik oft durch CAD (Computer Aided Design) und 3D-Druck erzeugt. Der Vorteil liegt in einer makellosen Symmetrie (was dem Grundgedanken von Art Déco entspricht). Leider fehlt es auf der anderen Seite oft an der zarten „Knusprigkeit“ der handgesägten antiken Milgrain-Ränder (winzige Perlenkanten).
- Material-Mix: Während das Original streng weiß (Platin/Weißgold) war, kombinieren zeitgenössische Designer Art-Déco-Formen (z.B. Hexagon-Fassungen) mit Gelbgold oder Roségold. Das nimmt dem Stil die „Kühle“ und macht ihn wärmer und moderner.
- Nachhaltigkeit als Treiber: Da echte Art-Déco-Ringe (100 Jahre alt) als „Antiquitäten“ gelten, ist der Kauf eines Originals heute ein Statement für Nachhaltigkeit (kein neuer Bergbau). Das beeinflusst das Design neuer Ringe, die oft versuchen, diesen „Old-Mine“-Look durch spezielle Schliffe (z.B. Altschliff-Diamanten) zu imitieren.

(c) Diamonds Factory Germany
Aktuelle Trends (2025/2026)
Sind Trends erkennbar? Wir haben ExpertInnen gefragt, die uns mit einer klaren Meinung antworteten. Wir erleben gerade ein massives „Roaring 20s“-Revival im Brautschmuck. Insbesondere folgende Varianten werden verstärkt nachgefragt:
- Bezel Settings (Zargenfassungen): Der Stein wird nicht von Krallen gehalten, sondern komplett von Metall umrahmt. Das ist sehr Art Déco, sehr sicher und gerade extrem trendig, da es praktisch ist (bleibt nicht an Kleidung hängen).
- Baguette-Seitensteine: Der klassische Solitär wird aktuell oft durch zwei Baguette-Diamanten an den Seiten ergänzt. Das verleiht sofort eine Art-Déco-Treppenoptik.
- Toi et Moi (Du und Ich): Zweistein-Ringe waren im Art-Déco-Stil beliebt (Napoleon machte es vor, aber das Déco perfektionierte es mit Kontrasten). Der Trend heute: Ein Diamant trifft auf einen farbigen Stein (Saphir oder Smaragd) in unterschiedlichen Schliffen (z.B. Birne trifft auf Smaragd-Schliff).
- Der „Asscher Cut“ kommt zurück: Lange Zeit war der runde Brillant der Standard. Jetzt suchen Paare nach Individualität. Der quadratische Asscher-Schliff mit seinen tiefen Treppen ist die „Hipster“-Wahl für Art-Déco-Fans.

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Maßgefertigte Art-Déco-Kreationen
Die kreative Freiheit und Ausdruckskraft des Art-Déco-Stils ermöglichen es Paaren, einen Ring zu finden, der so einzigartig ist wie ihre Beziehung und der Moment des Antrags. Ob man sich von der architektonischen Pracht der 1920er inspirieren oder persönliche Elemente in das Design einfließen lässt – mit einem Verlobungsring im Art-Déco-Stil ist alles möglich.

(c) Diamonds Factory Germany
Von ikonischen Sonnenstrahlmustern und symmetrischen Layouts bis hin zu farbenfrohen Edelsteinen, die mit weißen Diamanten kombiniert werden – es gibt unzählige Möglichkeiten, dem ursprünglichen Art-Déco-Geist Tribut zu zollen. Währenddessen sorgen moderne Techniken für mehr Haltbarkeit und Tragekomfort.
Die Zukunft des Art-Déco-Schmucks
Mit Blick auf die Zukunft bleibt das Ziel, das Erbe des Art-Déco-Designs zu ehren und zugleich die Innovationen der modernen Schmuckherstellung zu integrieren.
Schmuckdesigner und Kunsthandwerker wie Luxuslabels möchten weiterhin Verlobungsringe schaffen, die so unverwechselbar sind wie die Geschichten, die sie erzählen. In einer Welt, in der Trends kommen und gehen, wird der zeitlose Stil des Art Déco auch weiter bestehen bleiben – als perfekte Verbindung von Tradition und Moderne.

Inhaber und Geschäftsführer von Kunstplaza. Publizist, Redakteur und passionierter Blogger im Bereich Kunst, Design und Kreativität seit 2011. Erfolgreicher Abschluss in Webdesign im Rahmen eines Hochschulstudiums (2008). Weiterentwicklung von Kreativitätstechniken durch Kurse in Freiem Zeichnen, Ausdrucksmalen und Theatre/Acting. Profunde Kenntnisse des Kunstmarktes durch langjährige journalistische Recherchen und zahlreichen Kooperationen mit Akteuren/Institutionen aus Kunst und Kultur.










