Die Lange Nacht der Museen fand zum ersten Mal vor fast 30 Jahren in Berlin statt. Die Idee dahinter war, denjenigen, die während der üblichen Öffnungszeiten arbeiten, einmal im Jahr die Möglichkeit zu geben, das kulturelle Angebot der Stadt zu genießen. Neun Jahre später kam die Veranstaltung dank der Städtepartnerschaft zwischen Berlin und Buenos Aires nach Argentinien. So öffneten im November 2004 29 Museen in Buenos Aires von 19 Uhr bis 2 Uhr morgens kostenlos ihre Türen. Hier wurde das ursprüngliche Ziel geändert, da der Raum Museum durch Sonderausstellungen und Mitmachaktionen eine neue Bedeutung erhielt und so zu einem lebendigen Ort wurde, der ein jüngeres Publikum ansprach.
Seitdem sind 21 Jahre vergangen, und am 8. November 2025 öffnen 300 Kulturstätten ihre Türen. Dabei handelt es sich nicht nur um Museen, sondern auch um Kunstgalerien, Schulen und andere Anlagen. Um denjenigen, die nicht so nah an den Sehenswürdigkeiten wohnen, den Zugang zu erleichtern, bietet die Stadt einen kostenlosen Pass für die Stadtbusse an, der aus dem Internet heruntergeladen werden kann. Während der Veranstaltungszeiten kann man die Stadt kostenlos erkunden.
Die offizielle Eröffnung der Veranstaltung fand im Kulturzentrum Recoleta – CCR (Junín 1930) mit der Einweihung einer neuen Skulptur von Marta Minujín (1943) statt, einer bildenden Künstlerin mit langjähriger Karriere, die für ihre Happenings in den 70er Jahren bekannt ist. Weltweite Anerkennung erhielt sie 1983 mit ihrem Parthenon der verbotenen Bücher, eine Installation, mit der sie die Rückkehr zur Demokratie feierte, indem sie Bücher verschenkte, die während der Diktaturjahre nicht erhältlich waren. Speziell für die Nacht der Museen 2025 konzipierte sie einen Turm von Pisa, der aus Nudelpackungen besteht. Ein ebenso monumentales wie vergängliches Werk, da die Besucher, die es besichtigten, eine Packung Nudeln mitnehmen durften.
Dieses Jahr habe ich mich für eine etwas andere Tour entschieden und nach neuen Angeboten gesucht, in Gebäuden, die normalerweise für die Öffentlichkeit nicht zugänglich sind, wobei ich Museen systematisch gemieden habe. Ich lade Sie ein, mich auf diesem einzigartigen Spaziergang durch die Stadt zu begleiten.
Ich begann meinen Rundgang in der ältesten Sprachschule der Stadt, dem IES Juan Ramón Fernández, das allen als „Lenguas Vivas” (Carlos Pellegrini 1515) bekannt ist. In dem schönen Innenhof, der über Stufen wie ein Amphitheater verfügt, wurde eine bescheidene Bühne aufgebaut, auf der Lehrer und Freunde sangen und dabei verschiedene Sprachen zum Einsatz kamen. Die Deutschlehrerinnen stellten Tische mit Spielen auf, an denen Kenner und Neugierige ihren Einfallsreichtum unter Beweis stellen konnten, um ihre Deutschkenntnisse zu testen und zu erweitern. Im Labor auf dem ersten Stock wurden der Film Undine von Christian Petzold und das Gedicht Undine geht von Ingeborg Bachmann als Anlass genommen, um die Darstellung der mythischen Figur der Undine zu diskutieren. Es wurden Ausschnitte aus dem Film analysiert und das Gedicht von Bachmann im Chor vorgelesen, zusammen mit der entsprechenden Übersetzung, die von den Schülern des Instituts angefertigt worden war. Es war ein hervorragender Anfang.

Neben den prämierten Werken der 6. Ausgabe des argentinischen Preises für Bildende Kunst der Stiftung konnte man eine Performance unter der Leitung der Schauspielerin und Tänzerin Leticia Mazur (1978) über den Körper einer jungen Sängerin, Clara Trucco, besser bekannt als Wen, sehen.
Die allgemeine Idee erinnerte an die Performances und die Body-Art von Marina Abramovic. Die junge Frau, ganz in Weiß gekleidet, nahm verschiedene Positionen ein und lud das Publikum ein, sie mit den zur Verfügung gestellten Pinseln und Farben zu „dekorieren”. Viele Besucher nahmen begeistert daran teil und bemalten Stoff und Körper unterschiedslos. Die Show dauerte mehrere Minuten.
Mein nächster Halt war das Argentinische Ingenieurzentrum (Centro Argentino de Ingenieros), ein Ort, der nur selten seine Türen für die Öffentlichkeit öffnet (Cerrito 1250). Laut Programm wurden ein Modell des Gebäudes und einige Ölgemälde ausgestellt, außerdem wurde Charles Chaplins Klassiker Der Zirkus gezeigt. 
Dieser Roboter, der ursprünglich für die industrielle Inspektion entwickelt wurde, kann über eine manuelle bedient oder dank seiner Sensoren so programmiert werden, dass er sich autonom bewegt. Der Roboter kann seinen Schwerpunkt senken, um bequem Treppen hinauf- oder hinunterzugehen, und seine Beweglichkeit ermöglicht es ihm, sich problemlos auf unebenem Gelände fortzubewegen. Roboter haben die Fähigkeit, uns mit unserem inneren Kind in Kontakt zu bringen, sie wecken Neugierde und eine seltsame Freude in uns. Die Menschen, die sich in dem großen Konferenzsaal versammelt hatten, der mit Fotos der bedeutendsten Ingenieure des Landes dekoriert war, verfolgten fasziniert ihre Bewegungen.
Als ich zu meinem nächsten Ziel unterwegs war, geschah etwas Unvorhergesehenes. Ich wollte sehen, wie viele Menschen das Angebot des Colón Theaters – Teatro Colón – (Libertad 631), dem wichtigsten Opernhaus der Stadt, angezogen hatte, aber als ich die Córdoba Alee überquerte, sah ich zu meiner Überraschung, dass die Libertad Synagoge – Templo Libertad, die älteste Synagoge der jüdischen Gemeinde von Buenos Aires, geöffnet war. 
Wie es zu erwarten war, versammelten sich mehr als hundert Menschen um das Colón Theater und warteten geduldig darauf, um hineinkommen zu dürfen. Die Nacht war warm, und die vielen Menschen auf den Straßen ließen vermuten, dass es viel früher war, aber es war schon fast Mitternacht. Ich beschloss, einen weiteren geheimnisvollen Ort der Großstadt zu besuchen. Das Gebäude der Großloge der Freimaurer Argentiniens, auch bekannt als Cangallo Palast – Palacio Cangallo, ist an sich schon beeindruckend (Perón 1242).
Die Freimaurerei hat eine lange Geschichte in diesem Land, ihre Ursprünge reichen bis ins Jahr 1857 zurück, und es heißt, dass der Vater des Vaterlandes und Befreier Amerikas, der General José de San Martín, Mitglied war. Zahlreiche Mitglieder der Loge waren auf der Straße unterwegs und halfen den Menschen, sich zu organisieren. Andere erklärten im Tempel selbst die Symbolik und Traditionen. Alle trugen ein auffälliges T-Shirt mit dem Symbol der Loge und begrüßten die Besucher sehr herzlich. Als ich ankam, sang eine Gruppe von Musikern im großen Versammlungssaal im ersten Stock Opernarien. Im Dezember wird an derselben Stelle Beethovens Neunte Symphonie in einem großen, öffentlich zugänglichen Konzert mit einem großen Chor aufgeführt.
Am beeindruckendsten fand ich die Freimaurerinnen, die mit all ihren Schmuckstücken und Insignien die Reihe der Besucher entlanggingen und ihnen vom weiblichen Zweig der Loge erzählten. Erstaunlich, dass sie nach so viel Geheimhaltung nun so offen auftreten.
Um kurz nach 1 Uhr morgens kam ich am Kongressplatz – Plaza del Congreso – an. Die Straße Irigoyen war vom mächtigen Bus der mobilen Bibliothek vom Kongress – dem Bibliomóvil – gesperrt. Der Bibliomovil ist ein doppelstöckiger Bus, der mit Computern und mehr als 5000 Büchern ausgestattet ist. Um ihn herum standen kleine Tische mit Büchern und Spielen. Die Kinder schossen mit Spielzeugpfeilen und malten Bilder aus ihren Lieblingsbüchern aus. Die Erwachsenen konnten die Lagerräume besichtigen und Zugang zu den Spezialsammlungen erhalten oder sich in der Technik der Lithografie versuchen. Ich entschied mich für Letzteres und ging glücklich mit einem Druck des Kongressgebäudes in grüner Farbe als Erinnerung an diese Ausgabe der Nacht der Museen nach Hause zurück.
Ich hoffe, Ihnen hat dieser Rundgang gefallen und Sie halten von nun an Ausschau nach zukünftigen Ausgaben, wenn Sie sich Anfang November in Buenos Aires befinden.

Laura Ragucci ist eine vielseitige Persönlichkeit, die als Kunstkritikerin, Lehrerin, Künstlerin und Fotografin tätig ist. Ihre Leidenschaft für Kunst und Kultur wird durch ihre umfangreichen Reiseerfahrungen bereichert, die ihr erlaubt haben, verschiedene kulturelle Einflüsse in ihre Arbeit zu integrieren.
Nach Jahren des Sprachenstudiums und einer Beschäftigung mit Informatik hat sie sich dem kreativen Ausdruck durch Fotografie und Schreiben zugewandt. Seit 2020 widmet sie sich vorwiegend der Kunstkritik, gestützt auf ihr Studium an der Nationalen Universität für Kunst (UNA).
Ihre Kunstrezensionen verfasst sie aus reiner Freude am künstlerischen Diskurs. Laura verkörpert den Geist einer unermüdlichen Entdeckerin, deren Neugier sie auf vielfältige Wege geführt hat.











